Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich bewertet die heute veröffentlichten „Österreichischen Ernährungsempfehlungen“ als „Schritt in die richtige Richtung“, fordert aber konkrete Reformvorschläge vom federführend verantwortlichen Gesundheitsminister.
Beton statt saubere Umwelt:
Wien, am 30. September 2011 – Als demokratiepolitisch unerträglich empfindet der WWF die aktuellen Aussagen von Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger anlässlich der Tagung des VERBUND in Fuschl. Demnach soll Österreichischen BürgerInnen ihr demokratisches Mitbestimmungsrecht verwehrt werden, wenn sie sich gegen den Bau von Wasserkraftwerken stemmen. Ins selbe Füllhorn stößt der steirische ÖVP-Umweltlandesrat Johann Seitinger, der laut standard.at Umweltanwälte entmachten will, weil sie „wichtige Infrastrukturprojekte blockieren oder verhindern“ könnten. Der WWF appelliert an Umweltminister Berlakovich, nicht als verlängerter Arm der E-Wirtschaft zu agieren und seine Parteifreunde in die Schranken zu weisen.
Geht es nach Spindelegger und Seitinger, sollen offenbar Umwelt- und Naturschutzgesetze künftig bei Bewilligungsverfahren nicht mehr ins Gewicht fallen. Die berechtigten Sorgen von Menschen, die sich in ihrem Umfeld etwa in Bürgerinitiativen engagieren, sollen kaum noch Beachtung finden. „Die Österreichische Volkspartei will also nicht mehr hören, welche Bedenken oder Vorschläge das Volk hat“, konstatiert Christoph Walder vom WWF. Dabei ist es längst nicht mehr nur die „Birkenstock-Fraktion“, die sich gegen als Unrecht empfundene Vorhaben stark macht, sondern der Widerstand geht quer durch alle gesellschaftlichen Schichten. „Bewegungen wie Stuttgart 21 in Deutschland oder der Kampf gegen die Kraftwerke am Lech in Österreich sind hart erkämpftes Recht der europäischen Gesellschaft. Heutzutage kann man nicht mehr über die Köpfe der Bürger, der Umweltanwälte und der Umweltverbände hinweg entscheiden!“, so der WWF-Wasserkraftexperte.
Die jahrelangen und umständlichen Genehmigungsverfahren für neue Großprojekte wie Wasserkraftwerke sind auch aus Sicht der Naturschutzorganisationen ein untragbarer Zustand. Deshalb fordert der WWF vom Umweltminister seit Jahren klare Rahmenvorgaben und Zonierungen für Kraftwerksvorhaben. Auch die EU hat den unstrategischen Zugang Österreichs in der Wasserkraftfrage bereits deutlich kritisiert. „Weil die Politik dem Druck der Wasserkraftlobby nicht mehr gewachsen ist, soll offenbar eine kritische Bevölkerung als Sündenbock herhalten“, erklärt Walder. Die Politik sollte Bürger, die sich aktiv in eine nachhaltige Zukunftsgestaltung einbringen, fördern, statt zu versuchen, sie mundtot zu machen, fordert der WWF. Außerdem sei die Einbeziehung von Bürgern etwa bei UVP-pflichtigen Verfahren geltendes Recht und integraler Bestandteil mehrerer europäischer Umweltrichtlinien wie der Wasserrahmenrichtlinie oder der Habitatsrichtlinie der EU.
Überrascht zeigt sich der WWF auch über die Äußerungen von VERBUND-Chef Wolfgang Anzengruber, der Kriterienkatalog für den Wasserkraftausbau sei „mit Hausverstand und Augenmaß“ anzuwenden. „Wo bleibt der Hausverstand, wenn man sich die 120 Kraftwerksvorhaben in Österreich ansieht, die teilweise völlig überdimensioniert sind, und nicht einmal mehr vor Nationalparkregionen Halt machen?“, fragt sich Walder. Der Zustand der österreichischen Flüsse ist im europäischen Vergleich katastrophal. Der WWF widerspricht Anzengruber auch darin, dass die Wasserkraft ohne Förderungen auskomme. Aus dem Ökostromgesetz werden viele Millionen Euro an Förderungen für die Wasserkraft lukriert. In einigen Bundesländern wie Tirol vergibt das Land auch Förderungen für die Beratung der Besitzer von Kleinwasserkraftanlagen.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, e-mail: claudia.mohl@wwf.at
Christoph Walder, WWF-Wasserkraftexperte, Tel.0676/9255430, e-mail: walder@ecotone.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF birgt tonnenweise tödliche Geisternetze aus dem Mittelmeer
Lokalaugenschein zeigt enorme Plastikverschmutzung im Mittelmeer – WWF entfernt bei Taucheinsätzen in Kroatien tonnenweise alte Fischereiausrüstung – Meeresschutzgebiet gefordert
WWF schlägt Alarm: Rekordbrände bedrohen Brasiliens artenreichste Lebensräume
Erstes Halbjahr 2024: meiste Brände seit Jahrzehnten – Pantanal-Feuchtgebiet, Cerrado-Savanne und Amazonas-Regenwald stehen in Flammen – Lebensraum seltener Arten wie Jaguar, Gürteltier und Tapir bedroht
Neue Umfrage: 72 Prozent für verbindliche Obergrenze beim Bodenverbrauch
Market-Studie für den WWF: Jeweils knapp drei Viertel der Bevölkerung wollen verbindliche Limits sowie Maßnahmenpaket gegen Bodenversiegelung im neuen Regierungsprogramm
WWF: Drohende Ausbeutung der Tiefsee gefährdet Arten und Lebensräume
Umweltschutzorganisation fordert Stopp-Taste für Tiefsee-Bergbau – Internationale Meeresbodenbehörde tagt ab 15. Juli – WWF fordert Moratorium
WWF: Europäischer Gerichtshof stärkt den Artenschutz gegen österreichische Praxis
WWF und ÖKOBÜRO begrüßen wegweisendes Urteil zur Auslegung der FFH-Richtlinie bei Wolfsabschüssen – Rechtskonformes Wolfs-Management in Österreich gefordert
WWF fordert Notbremse: Tiwag-Konzern hält vor Gericht an Ötztal-Wasserableitungen fest
Naturschutzorganisation fordert Eingreifen des Landeshauptmanns – Tiwag will trotz negativer Volksbefragung langfristig weiter Wasser aus dem Ötztal ableiten
Gewinne das „Malbuch – vom Aussterben bedrohte Tiere“ (Ursula Wejwoda)
So nimmst du am Gewinnspiel teil: Zeichne dein Lieblingstier und schick uns bis 16. August 2024 ein Foto von deiner Zeichnung mit dem Betreff "Gewinnspiel Malbuch" an...
WWF-Bodenreport 2024: Wertvoller Boden verschwindet unter Beton
Der WWF hat einen neuen Bodenreport veröffentlicht! Das heißt: Er hat sich angesehen, wie es dem Boden in Österreich geht. Denn schon lange gibt es das Problem, dass natürliche...