Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Angriff auf die letzten Flussjuwele Osttirols – WWF erhebt Einspruch

Innsbruck/Lienz, am 13. August 2018. In unmittelbarer Nachbarschaft des Nationalparks Hohe Tauern wird mit dem Lesachbach der letzte Alpenfluss seiner Art in Osttirol verbaut. Entgegen der Kriterien des Landes und trotz sehr kritischer Einschätzungen der Gutachter wurde vergangenen Monat völlig überraschend die naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt. Der Umweltverband WWF leitet nun juristische Schritte gegen das geplante Kleinwasserkraftwerk ein. Das umstrittene Projekt liegt im Einzugsgebiet der geschützten Isel und steht laut WWF klar im Widerspruch zu geltenden Rechtsbestimmungen und Empfehlungen für den Ausbau erneuerbarer Energieträger. Der Umweltverband warnt vor voreiligen Baumaßnahmen und fordert ein übergeordnetes Erhaltungskonzept für das gesamte Gletscherflusssystem der Isel. Aktuell steht zwar der Hauptfluss unter Schutz. Durch die Verbauung der Zubringer, wie dem Lesachbach, droht dennoch die schrittweise Zerstörung.
Die hohe Gewässerqualität am Oberlauf des Lesachbachs hat Seltenheitswert: In ganz Österreich sind nur mehr 15 Prozent aller Flüsse derart intakt. Laut dem Naturschutzplan der Fließgewässerräume des Landes Tirol wurde ein Abschnitt des Baches mit dem Prädikat „sehr erhaltenswert/sehr hohe Bedeutung“ versehen. In ganz Tirol gibt es nur mehr drei Strecken dieses wertvollen Flusstyps. In Osttirol ist es der einzige. Dennoch sind seit kurzem schwere LKWs am naturbelassenen Oberlauf unterwegs und bereiten den Baustart für das umstrittene Wasserkraftwerk vor. „Für uns ist es absolut unvorstellbar, wie die Zerstörung des letzten derartigen Flussjuwels in ganz Osttirol, für so wenig Energieausbeute genehmigt werden kann“, kritisiert WWF-Flussexperte Gerhard Egger die Bewilligung.
Die Pläne sehen vor, dass ein Großteil des Flusswassers auf einer Länge von 1.650 Meter in einem Druckrohr abgeleitet wird. Die Folgen davon: eine deutliche Verschlechterung des Gewässerzustands, erhebliche Beeinträchtigungen für gefährdete Arten sowie die bleibende Verformung einer ursprünglichen Naturlandschaft. „Dem malerischen Bachtal wird der Großteil des Wassers abgegraben. Es droht eine kilometerlange Baustelle“, erklärt WWF-Flussexperte Gerhard Egger. Auch bezüglich energiewirtschaftlicher Überlegungen weist das Projekt große Lücken auf. „Das Kraftwerk leistet nur einen sehr geringen Beitrag zum Ersatz fossiler Energieträger. Entsprechend ungünstig fallen auch die Bewertungen des Vorhabens nach dem Kriterienkatalog des Landes Tirol für Wasserkraft und nach dem Wasserkatalog Österreichs aus“, so Gerhard Egger. „Sollte es nur darum gehen, die anliegenden Almen mit Strom zu versorgen, so gibt es bessere und vor allem naturverträglichere Lösungen. Etwa eine klein dimensionierte Anlage, die den lokalen Bedarf abdeckt ohne den Zustand des Flusses zu gefährden, oder die bessere Nutzung des Photovoltaik-Potentials.“
Die Isel in Osttirol ist gemeinsam mit ihren Zubringern der letzte naturnahe Gletscherfluss der Ost-Alpen und von herausragender landschaftlicher Qualität. Während der Hauptfluss unter Schutz steht, drohen durch mehrere unabgestimmte Kraftwerksprojekte an den Zubringern Tauernbach, Kalserbach, Schwarzach und Lesachbach eine Amputation der Isel mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Region. Der WWF fordert eine Abkehr von Einzelentscheidungen und eine Gesamtstrategie für die Wasserkraftnutzung im Isel-Einzugsgebiet. Nur so kann gewährleistet werden, dass ein attraktives und intaktes Gewässernetz erhalten bleibt und nachhaltig genutzt werden kann.
Rückfragehinweis:
Gerhard Egger, WWF-Flussexperte, Tel. 0676 834 88 272, E-Mail: gerhard.egger@wwf.at
Vincent Sufiyan, WWF-Pressesprecher, Tel. 0676 83 488 308, E-Mail: vincent.sufiyan@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.
Seeadler getötet: WWF und BirdLife fordern Aktionsplan gegen Wildtierkriminalität
Besenderter Seeadler “Dante” stirbt nach Schussverletzung und Zugkollision – WWF und BirdLife fordern konsequentes Vorgehen gegen illegale Verfolgung streng geschützter Arten
Sie haben abgestimmt: Größte Bausünde steht in Ohlsdorf
Das Logistikzentrum in Ohlsdorf wurde zur größten Bausünde gewählt! Für den Bau mussten 19 Hektar Wald weichen – ein trauriges Beispiel für die fehlgeleitete Bodenpolitik in Österreich.
Zerstörung Schwarze Sulm: Umweltverbände ziehen gegen Kraftwerkspläne erneut vor Gericht
WWF, ÖKOBÜRO und Arbeitskreis zum Schutz der Koralpe reichen Revision beim Höchstgericht ein – Forderung nach endgültigem Projektstopp und verbindlichen Schutz für frei fließende Flüsse
WWF warnt zum Ferienstart vor Artenschmuggel im Gepäck
Mitbringsel aus seltenen Tier- und Pflanzenarten gefährden Artenvielfalt – Geld- und Gefängnisstrafen drohen auch bei ungewolltem Schmuggel – WWF-Souvenir-Ratgeber klärt auf
Neuer WWF-Bodenreport: Bis 2050 drohen weitere 1.000 Quadratkilometer verloren zu gehen
Politische Ziele bislang deutlich verfehlt, Prognose negativ – WWF fordert Kurswechsel mit Bodenschutz-Vertrag
WWF warnt vor Folgen der Regenwald-Zerstörung für Artenvielfalt und Klima
Tag des Regenwaldes am 22. Juni: Regenwälder schrumpfen weltweit, im Amazonas besonders rasant – WWF fordert verstärkten Schutz und entschlossenen Kampf gegen weltweite Entwaldung
WWF: Dramatischer Befund der Wissenschaft zur Klimakrise
Der “Zweite Österreichische Klima-Sachstandsbericht” zeigt Probleme und Maßnahmen gegen die Klimakrise – WWF ruft Politik zum Handeln auf