Platzertal-Speicher zur UVP aufgelegt – Sicherheitsrisiken durch Naturgefahren weiterhin ungeklärt – WWF fordert Stopp des Projekts und verweist auf naturverträgliche Alternativen
WWF präsentiert Aktionsplan für naturverträgliche Energiewende

Wien, am 25. Juni 2018 – Auf Basis einer neuen Studie hat der WWF Österreich einen Aktionsplan für eine naturverträgliche Energiewende erarbeitet. „Klimaschutz und Naturschutz müssen Hand in Hand gehen. Beides ist möglich, aber in der neuen Klimastrategie der Bundesregierung nur sehr vage und letztlich unzureichend verankert. Anstelle von konkreten Maßnahmen gegen die Energieverschwendung setzt die Politik auf Drängen der E-Wirtschaft weiter nur auf den Ausbau der Produktion. Unter dem Deckmantel der Energiewende wird damit der Ausverkauf der letzten intakten Flüsse vorangetrieben und die Zerstörung unwiederbringlicher Naturgüter riskiert“, sagt WWF-Expertin Bettina Urbanek. Deshalb enthält die Studie „Energiewende und Gewässerschutz“ eine konkrete Anleitung, wie die unterschiedlichen Energie-Potenziale in den Bundesländern bis 2050 am besten naturverträglich ausgebaut werden können. Entscheidend ist dabei, Energie effizienter einzusetzen und aus den vielen möglichen Projekten, nur jene zu fördern, die auch ökologisch verträglich sind.
Der WWF fordert drei konkrete Maßnahmen, damit die notwendige Versorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren bis 2050 nicht zulasten der heimischen Naturräume geht: Erstens müssen konkrete Naturschutz-Kriterien für Förderungen erarbeitet und in das neue Energiegesetz integriert werden. Zweitens müssen die enormen Energiesparpotenziale in der Mobilität und Gebäudedämmung konsequent ausgeschöpft werden. Drittens braucht es eine verstärkte koordinierte strategische Zusammenarbeit zwischen Entscheidungsträgern in Bund, Ländern und Gemeinden, um die Energiewende nachhaltig auf Schiene zu bringen. „Gerade die oft prekäre ökologische Situation unserer Flüsse macht konsequente Naturschutzkriterien unverzichtbar“, bekräftigt WWF-Expertin Urbanek.
Naturschutz-Checks für Subventionen
„Die Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung reicht nicht aus, um eine naturverträgliche Energiewende auszulösen. Große Chancen für Haushalte, Unternehmen und die Gesundheit der Menschen werden verspielt“, kritisiert WWF-Klimaexperte Karl Schellmann. Daher müssen die allgemeinen Bekenntnisse und Ankündigungen der Bundesregierung in Sachen Energiewende rasch konkretisiert werden. „Prinzipiell muss die Strategie lauten: Energieverbrauch runter und Erneuerbare mit klaren Naturschutzkriterien ausbauen“, so Schellmann. Dafür fordert der WWF den Aufbau eines strengen Kriterienkatalogs bei der Vergabe von Förderungen für Erneuerbare, um so die Naturverträglichkeit der Maßnahmen garantieren zu können.
Das Spannungsfeld von Naturschutz und Energie aus Erneuerbaren zeigt sich besonders im Bereich der Wasserkraft. Mit über 5.000 bestehenden Wasserkraftwerken und rund 41.000 GWh produzierter Energie hat die Wasserkraft in Österreich ihre naturverträgliche Obergrenze praktisch erreicht und ist auch aus energiewirtschaftlicher Sicht an ihre Grenzen gestoßen. Auch bei einem flächendeckenden Ausbau wäre der zusätzliche Beitrag der Wasserkraft zur Energiewende gering.
Vielmehr droht durch die weitreichende Übernutzung der Ressource Wasser die Zerstörung von unersetzbaren Fluss-Ökosystemen. „Deshalb dürfen in Zukunft nur mehr solche Projekte genehmigt, gefördert und umgesetzt werden, die am meisten Energie bei geringstmöglicher Naturzerstörung versprechen. Unseren Berechnungen zufolge ist die naturverträgliche Obergrenze nach einem Ausbau des Regelarbeitsvermögens von 2.000 GWh erreicht, also nur noch eine Steigerung um rund fünf Prozent. Förderungen und Investitionen müssen dort hin, wo das größte Wachstumspotenzial und Naturverträglichkeit herrscht, vor allem in die Photovoltaik. Deren Wachstumspotenzial liegt bei einem Anstieg von 3.400 Prozent, das sind rund 33.000 GWh“, so Bettina Urbanek. Zusätzlich zu einer kritischen Überprüfung von Förderkriterien, müssen ökologisch sensible Flusslandschaften unter Schutz gestellt werden.
Energiewende erfordert Einsparungen
Der Ausbau von erneuerbaren Energieträgern alleine ist bei weitem nicht genug für eine nachhaltige Klimapolitik. Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, muss Österreich seinen End-Energiebedarf bis 2030 um 30 und bis 2050 um 50 Prozent senken. „Wir können diese Ziele erreichen. Dazu brauchen wir aber rasch einen ambitionierten Fahrplan inklusive Finanzierungsrahmen sowie eine koordinierte strategische Vorgehensweise“, fordert Karl Schellmann. „Hier sind alle Ebenen gefragt, aktiv zusammen zu arbeiten – von der Gemeinde bis in die EU und insbesondere in Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.“ Alleingänge einzelner Bundesländer sind demnach nicht sinnvoll. Vielmehr sollten nur jene Projekte finanziert und umgesetzt werden, die sowohl ökologisch verträglich als auch energiewirtschaftlich sinnvoll sind. Darüber hinaus müssen umwelt- und gesundheitsschädliche Subventionen in fossile Technologien möglichst rasch eingestellt werden.
Abgestimmter Energie-Mix statt ineffizientem Fleckerlteppich
Die Studie „Energiewende und Gewässerschutz“ ist eine Weiter¬entwicklung der „Energie- und Klimazukunft Österreich“ (Andreas Veigl 2017) sowie des „WWF-Ökomasterplan Stufe III“ (WWF 2014). Darin wird ein umfassendes Szenario errechnet zur Halbierung des Energiebedarfs und zur Versorgung Österreichs mit 100 Prozent erneuerbarer Energie bis 2050. Im Mittelpunkt steht eine große Initiative für Photovoltaik und Windkraft sowie ein sehr vorsichtiger, naturverträglicher Ausbau von Biomasse. Auch Wärmepumpen, Solarthermie und die heute noch wenig genutzte Geothermie spielen darin eine wichtige Rolle. Das zukünftige Energiesystem besteht somit aus einem ausgewogenen Mix an erneuerbaren Energiequellen und ist nicht auf wenige Einzeltechnologien fokussiert. Jedes Bundesland wird seinen Beitrag beisteuern, jeweils angepasst an die eigenen Rahmenbedingungen und innerhalb eines Kriterienkatalogs für Naturverträglichkeit.
Die gesamte Studie sowie Handlungsempfehlungen für jedes einzelne Bundesland sind online zu finden unter: www.wwf.at/energiewende-und-gewaesserschutz
Rückfragehinweis
Bettina Urbanek, Flussexpertin WWF Österreich, Tel. 01/48817-275, E-Mail: bettina.urbanek@wwf.at
Karl Schellmann, Klimaexperte WWF Österreich, Tel. 01-48817-249, E-Mail: karl.schellmann@wwf.at
Vincent Sufiyan, WWF-Pressesprecher, Tel. 0676 83488 308, E-Mail: vincent.sufiyan@wwf.at
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