Ausbau des Kraftwerks Kaunertal und Verbauung freier Gletscherflächen gefährden überlebenswichtige Ökosysteme – WWF fordert Stopp des Kaunertalprojekts und Unterschutzstellung der Gletscherflächen
Dreck am Stecker? Der Stromanbieter-Check 2017
Wien, am 3. November 2017 – Der diesjährige Stromkennzeichnungsbericht der E-Control ist gerade erschienen: 125 Energieversorger in Österreich bieten „100 % Grünstrom“ an, einer billiger als der andere, teils mit kreativer Werbung und phantasievollen Namen. Aber: Was steckt dahinter? Leistet man mit seinem Geld für den Strombezug von diesen Anbietern einen Beitrag zur notwendigen Energiewende oder landet das Geld auf der Bank eines Atomkraftwerks-Betreibers? Kann man den Versprechungen dieser Stromhändler trauen, die man oft noch nicht einmal anrufen kann (weil sie keine österreichische Niederlassung haben), geschweige denn ein einziges Windrad, Sonnen- oder Wasserkraftwerk betreiben? Die Umweltschutzorganisationen GLOBAL 2000 und WWF haben nachgefragt und präsentierten heute im Rahmen einer Pressekonferenz einen methodisch fundierten sowie umfassenden Report, den Stromanbieter-Check 2017.
„Alle Stromanbieter, die im Stromkennzeichnungsbericht vorkommen, haben wir angeschrieben, viele große und auch viele engagierte kleine Anbieter haben bereitwillig Auskunft gegeben. Nicht nur über den Strom, den sie verkaufen, sondern auch über die Herkunftsnachweise dieses Stroms, ihre Beteiligung am Betrieb von Kohle- oder Gaskraftwerken, die Konzernmutter – in einigen Fällen Atomkraftwerks-Betreiber –, den Verkauf von fossilem Gas und Öl, und, ganz wichtig, wie viel sie in die Energien der Zukunft, also in die erneuerbaren Energien investieren“, berichtet Karl Schellmann, Klimasprecher von WWF Österreich. „Wir mussten leider feststellen, dass nur eine sehr kleine Anzahl von Unternehmen tatsächlich in erneuerbare Energien investiert – viele sind reine Händler, manche sogar nur Briefkasten-Firmen mit Postadresse in Österreich und Sitz im Ausland.“
Die umfassende Analyse deckt 54 von 57 Terawattstunden des in Österreich laut Stromkennzeichnungsbericht abgesetzten Stroms ab, also über 80 Prozent der österreichischen Stromabgabe an EndkundInnen. Diese 80 Prozent Strom stammen von nur 38 der 130 kontaktierten Stromanbieter – viele der Firmen mit Sitz im Ausland waren trotz Nachfrage nicht bereit, sich an der Evaluierung anhand transparenter und öffentlich nachvollziehbarer Daten zu beteiligen.
„Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen teilnehmenden Unternehmen, auch jenen, die im Ranking aufgrund von Eigentümerstruktur und fossilen Altlasten nicht gut abgeschnitten haben“, sagt Dr. Reinhard Uhrig, Energiesprecher von GLOBAL 2000. „Viele traditionelle Unternehmen stellen sich der Herausforderung des vollständigen Umstiegs auf 100 Prozent erneuerbare Energien und machen sich auf den Weg. Wir sehen das Ranking als Auftakt zu einem Prozess der gemeinsamen Beratung und Diskussion von Handlungsempfehlungen, die wir in der Studie formuliert haben.“
So sind mehrere österreichische Landesversorger in (Teil-)Besitz von deutschen Atomstrom-Konzernen, die dieses Jahr einen Rechtsstreit gegen den deutschen Staat gewonnen und die Steuer auf Atom-Brennelemente zurückfordern – hier ist die Landespolitik gefordert, als Mehrheitseigentümer sicherzustellen, dass Gewinne in nachhaltige Investitionen im Sinne der österreichischen Energiezukunft investiert werden und nicht in den Kassen von Atom-Konzernen landen. Auch gründen „kreative“ Großkonzerne oft einfach eine (Österreich-)Tochter, die Strom von der Börse samt Nachweisen günstig zukauft und nie direkt ein (erneuerbares) Kraftwerk betreibt. „Der Grünstrom-Vertrag freut in diesen Fällen den Herrn Generaldirektor und dessen Aktionäre, leistet aber keinen zusätzlichen Beitrag zur Energiewende, wie dies bei den tatsächlich engagierten Anbietern der Fall ist“, erklärt Schellmann. „Diese Firmen übernehmen das unternehmerische Risiko der Energiewende, die anderen schwimmen nur auf der Grünstromwelle mit. Nur eine vollständige Offenlegung der gemeinsam physikalisch verkauften Strommengen mit den zugehörigen Nachweisen (Koppelung) kann hier zu mehr Transparenz führen. Das muss in der Verordnung verbindlich geregelt werden“, ergänzt Uhrig.
„Das Ranking ergibt ein differenziertes Bild über die österreichischen Stromanbieter: Einige sind ganz vorne in ihren Bestrebungen, 100 Prozent Grünstrom in Österreich unter vollständigem Verzicht auf fossile Energien wie Erdgas und Kohle voranzutreiben. Einige sind auf gutem Weg zur Umstellung großer Gemeinden und Städte auf erneuerbare Energien im Sinne einer ’Future Fitness’. Und viel zu viele haben noch jede Menge zu tun beim Kohle- und Gasausstieg oder sind eben immer noch verbandelt mit AKW-Betreibern“, fassen Uhrig und Schellmann die Studienergebnisse abschließend zusammen.
Studie unter www.wwf.at/Stromanbieter-Check-2017
Rückfragehinweis:
Mag. Gerhard Auer, WWF Pressesprecher, 01/48817-231, E-Mail: gerhard.auer@wwf.at
Karl Schellmann, WWF Klima- und Energiesprecher,01/48817-249, E-Mail: karl.schellmann@wwf.at
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