Umweltschutzorganisation fordert grundlegendes Umdenken von der Politik – Neue Bundesregierung muss “Grünes Sicherheitsnetz” für krisenfestes Österreich umsetzen
Gemeinsam für mehr Leben an der Oberen Traun
Ebensee, 5. Juni 2007 – Bundeswasserbauverwaltung – Gewässerbezirk Gmunden, WWF und Österreichische Bundesforste stellen heute die ersten Umsetzungsschritte im Gewässerbetreuungskonzept (GBK) für die Obere Traun vor. Zwischen den Orten Ebensee und Obertraun sollen in Zukunft notwendige Hochwasserschutzmaßnahmen für Siedlungs- und Gewerbegebiete mit ökologischen Verbesserungen am Fluss kombiniert werden. Im Zuge dieser Renaturierungen ist auch die Schaffung attraktiver Freizeit- und Erholungsräume für die Bewohner der Gemeinden und ihrer Gäste geplant.
Um die Ansprüche der Natur zu berücksichtigen, wird mit dem WWF-Mitarbeiter Mag. Leopold Feichtinger nun erstmals in Österreich ein eigener Flussraumbetreuer eingesetzt. „Das Gewässerbetreuungs-konzept ist ein hervorragendes Beispiel für ein vorausschauendes, integratives Management unserer Flüsse“, sagt Feichtinger. „Ich freue mich darauf, gemeinsam mit unseren Partnern daran zu arbeiten, dass die Obere Traun wieder auflebt!“
Für die Koordinierung und Umsetzung aller Baumaßnahmen im Rahmen des Projekts ist die Bundeswasserbauverwaltung verantwortlich. Ing. Wilhelm Laimer, Leiter des Gewässerbezirks Gmunden, erklärt: „Gemäß dem Motto ‚Für Sicherheit und Lebensraum’ findet im modernen Schutzwasserbau ein Umdenken statt: Man geht immer mehr dazu über, mit der Natur statt gegen sie zu arbeiten.“
Naturnahe Auwaldbewirtschaftung schafft neue Lebensräume
Auch die Österreichischen Bundesforste AG (ÖBf) sind bei der Pflege und Bewirtschaftung ihrer Naturflächen um einen Ausgleich zwischen den Ansprüchen von Mensch, Natur und Wirtschaft bemüht. Für das Projekt an der Oberen Traun planen die Bundesforste 73 Hektar an Waldflächen aus ihrem Besitz einzubringen. Auf diesen Flächen werden beispielsweise die Uferbereiche aufgeweitet. Dadurch steht dem Fluss im Falle eines Hochwassers ausreichend Platz zur Verfügung, um über die Ufer zu treten, ohne dabei Menschen und Siedlungsräume zu gefährden.
Außerdem ist eine standortgerechte Bewirtschaftung der ÖBf-Flächen geplant: Ehemals für Auen typische Baumarten wie Grauerle, Weide, Esche oder Ulme sollen langfristig die Fichtenmonokulturen ersetzen. „Als größter Grundstücksbesitzer tragen wir auch eine hohe soziale Verantwortung. Wir sind stolz, aktiv unseren Beitrag zum ökologischen Hochwasserschutz zu leisten“, erklärt Ing. Matthias Pointinger, Fischereibeauftragter der ÖBf. „Das entspricht auch unserem Leitbild, im Dienst der Gesellschaft zu stehen.“
59 Maßnahmen für mehr Vielfalt am Fluss
Insgesamt sind im Rahmen des GBK 59 Maßnahmen entlang der Oberen Traun vorgesehen. Das erste konkrete Projekt wird im Winter 2007/2008 in Lahnstein umgesetzt: Auf einer Länge von 400 Metern soll die Uferverbauung weggerissen und die Traun um 12 Meter verbreitert werden. Eine Mauer, die den bestehenden Altarm derzeit noch vom Flusslauf trennt, wird entfernt, und drei neue Amphibientümpel angelegt.
Im GBK wurden sieben Bereiche als „ökologische Kernzonen“ definiert, in denen die Artenvielfalt besonders gefördert wird. Dazu zählen das Mündungsgebiet und der Auwald bei Langwies, die Kaltenbach-Au, der Görb-Auwald, die Bärentraun, das Delta Obertraun und der Koppenwinkel. In all diesen Bereichen sollen abgetrennte Altarme und abgedämmte Auen wieder durchgängig an den Fluss angebunden werden, damit sich eine natürliche Auendynamik entwickeln kann.
Weg frei für Seeforelle und Co!
Wie die meisten Flüsse wurde auch die Traun in der Vergangenheit an zahlreichen Stellen begradigt, reguliert und verbaut. Dadurch gingen wertvolle Lebensräume verloren. Seltene Arten wie Eisvogel, Flussuferläufer, Seeforelle, Äsche, Koppe oder der Steinkrebs sind jedoch auf strukturreiche Abschnitte und intakte Schotterbänke angewiesen. Die Flussbewohner Grasfrosch und Gelbbauchunke werden sogar als stark gefährdet eingestuft. Um diese Arten zu fördern, sind Flussaufweitungen, Fischaufstiegshilfen und der Rückbau harter Ufersicherungen vorgesehen. Davon profitieren auch die Menschen: An neu zugänglich gemachten Ufern sind spezielle Wassererlebnisbereiche zum Baden und Erholen geplant.
Lebende Flüsse für Mensch und Natur
Ein wichtiger Baustein des Projekts ist – auch gemäß den Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie – die Einbindung und Information der Bevölkerung in jeder Phase. Der Flussraumbetreuer wird deshalb versuchen, die Bewohner des Salzkammerguts bestmöglich zu informieren und zu beteiligen. „Mir geht es vor allem darum, dass die jungen Menschen erkennen, wie wichtig die Erhaltung gesunder, lebendiger Flüsse und Bäche ist. Schließlich leben sie in einem der bedeutendsten Wasserschlösser Österreichs, für die wir auf der ganzen Welt bekannt sind!“, so Leopold Feichtinger. Für Kinder zwischen sechs und 18 Jahren wurde ein eigenes Schulprogramm entwickelt.
Österreich besitzt nur noch 18 Prozent an intakten Flussstrecken. Lediglich ein Drittel dieser Flussjuwele ist ausreichend vor weiterer Verbauung und Zerstörung geschützt. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie schreibt vor, unsere heimischen Flüsse bis 2015 wieder in einen ökologisch guten Zustand zu bringen. Dazu muss das Netz naturnaher Flüsse dauerhaft gesichert und die ökologische Funktionsfähigkeit nicht mehr intakter Flüsse verbessert werden. „Das Gewässerbetreuungskonzept an der Oberen Traun steht modellhaft für ein modernes Flussraummanagement, das Hochwassersicherheit und Ökologie bestmöglich verbindet“, erklärt Mag. Hermann Sonntag, Leiter des WWF-Alpenprogramms.
Weitere Informationen:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17–250
Der WWF bedankt sich bei der Österreichischen Nationalbank für die finanzielle Unterstützung dieses Projekts.
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