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Land Oberösterreich plant Ausweitung der Kormoran-Bejagung

Linz/ Wien 30. November 2017 – Mit fragwürdigen Argumenten plant das Land Oberösterreich eine Ausweitung der Kormoran-Bejagung in die letzten Refugien geschützter Vögel an den Flüssen Traun, Alm, Enns und Steyr. Außerdem soll der Bejagungszeitraum bis zum 1. April verlängert werden. „Leider ist es kein Aprilscherz, dass es künftig erlaubt sein soll, den Kormoran in ausgewiesenen Vogelschutzgebieten zu vergrämen und zu bejagen – und das mitten im Hochwinter und zu Beginn der Brutzeit. Die Ruhezonen sind schließlich dazu da, empfindlichen Vogelarten das ungestörte Überwintern zu ermöglichen! Solche Schnellschüsse bringen dem Artenschutz gar nichts – es handelt sich um reine Alibimaßnahmen auf Kosten tausender Wasservögel“, so die Kritik der Naturschutzverbände. Sie fordern Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner auf, seine Vorschläge umgehend zurück zu nehmen.
Mitte November lief der Begutachtungszeitraum für eine Abänderung der Oberösterreichischen Artenschutzverordnung aus. Sie sieht zukünftig eine Bejagung des Kormorans auch in den wenigen existierenden Natur- oder EU-Vogelschutzgebieten des Landes vor. Darüber hinaus soll die Schusszeit bis 1.April, also bis weit in die Schonzeit hinein (diese beginnt mit 1. Jänner) in die Brutzeit vieler Wasservögel ausgedehnt werden. Diese geplanten Änderungen werden mit dem Argument begründet, Äschen schützen zu wollen. Aus Sicht der Naturschutzverbände macht die geplante Verordnung nicht nur fachlich keinen Sinn, sie widerspricht auch geltendem EU-Recht.
Positive Auswirkungen der Kormoran-Bejagung nicht belegbar
„Die angestrebten Positiveffekte für die Äsche durch die seit 1995 andauernde Kormoran-Bejagung sind bis heute nicht nachgewiesen. Hier wird einzig und allein nach fischereiökonomischen Interessen gehandelt“, kritisieren die Naturschützer und argumentieren: „Die bedauerliche Abnahme des Äschenbestandes ist vielmehr eine Auswirkung der Verbauung unserer Flüsse, die durch Regulierung, Zerschneidung und Aufstau in einem katastrophalen ökologischen Zustand sind. Dazu kommen falsche Besatzmaßnahmen mit nicht heimischen Fischen. Wir fordern nach mehr als 20 Jahren Kormoran-Verfolgung einen klaren, fachlich fundierten Nachweis der angeblichen positiven Auswirkungen der Vogelabschüsse auf den Bestand der Äsche in Oberösterreich!“
Nachweisliche negative Auswirkungen der Kormoran-Bejagung
Nachweise der negativen Folgen jahrelanger, intensiver Kormoran-Bejagung im Hochwinter sind durch jährliche Zählungen jedoch sehr wohl belegbar: am Ennsstau Rosenau sind seit Beginn des Kormoran-Abschusses im Winter 2010/11 bis zu 60 Blässhühner verschwunden. Die Bestände von Stock-und Reiherente sind um bis zu 90 Prozent eingebrochen.
OÖ Schutzgebiete brauchen Verbesserung, nicht Verschlechterung
„Die Schaffung störungsfreier Ruhezonen in den Vogelschutzgebieten an den oberösterreichischen Flüssen mit rund 40.000 überwinternden Wasservögeln steht für uns an allererster Stelle! Gerade deshalb, weil diese Ruhezonen jetzt schon zu klein sind, dürfen sie nicht weiter beeinträchtigt werden“, erklärt Hans Uhl von BirdLife Österreich. „Die geplante Verordnung ist nicht nur kontraproduktiv, sondern widerspricht auch internationalen Verpflichtungen, wie der Bonner Konvention und dem geltenden EU-Recht!“
„Naturschutz- und Natura 2000 Gebiete sollten tabu sein für solche Aktionen, die andere gefährdete Wasservogelarten massiv beunruhigen und deren Erfolg in den letzten Jahren fragwürdig ist“, betont Josef Limberger, Obmann des Naturschutzbund OÖ. „Denn hätten sie Erfolg gezeigt, müsste jetzt nicht über eine Ausweitung der Maßnahmen nachgedacht werden! Statt den Kormoran zum Sündenbock zu stempeln, muss endlich zweifelsfrei geklärt werden, welche Einflüsse tatsächlich für die starke Abnahme der Fischbestände verantwortlich sind!“
Gegen Scheinlösungen
„Einseitige Scheinlösungen unter dem Deckmantel des Artenschutzes, wie die hier geplante Ausdehnung der Kormoran-Verfolgung in den wenigen Natur- und Vogelschutzgebieten an Oberösterreichs Flüssen, lehnen wir strikt ab!“, unterstreicht auch Arno Aschauer, Teamleiter Artenschutz beim WWF Österreich. „Mit Maßnahmen, die den eigentlich zu schützenden Vogelarten schaden, kann die Biodiversität in den Naturschutzgebieten an unseren Gewässern nicht erhalten werden!“, so Aschauer abschließend.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, Pressesprecherin WWF, 01/48817-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
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