Rechnungshof-Bericht zeigt große Defizite und massiven Handlungsbedarf – WWF fordert rasche Umsetzung aller Empfehlungen und Maßnahmen gegen Flächenfraß – Zuständiger Landesrat Achleitner gefordert
Massenabschuss von Fischottern: WWF kontert Land Niederösterreich

Wien/ St. Pölten, 22.10.2019 – Der umstrittene Verordnungsentwurf der niederösterreichischen Landesregierung zum Abschuss von bis zu 180 Fischottern in den nächsten drei Jahren sorgt weiter für heftige Debatten. Auf Basis einer umweltrechtlichen Prüfung verlangt der WWF Österreich erneut eine Rücknahme des Entwurfs. „Es fehlt schlicht die Grundlage für einen derart drastischen Eingriff, der europäischem Naturschutzrecht widerspricht. Die Verordnung konterkariert sowohl den Artenschutz, als auch die monatelangen Bemühungen, im Rahmen des ‚Runden Tisch Fischotter‘ einen Managementplan zu entwickeln, der langfristige Lösungen statt kurzsichtiger Abschussreflexe bringt“, betont WWF-Expertin Christina Wolf-Petre.
Die Naturschutzabteilung des Landes rechtfertigt den geplanten Massenabschuss damit, dass es bereits einen Managementplan geben würde. „Seit 2018 sitzen Teichwirte, Fischereiverbände, Naturschutzorganisationen und die Naturschutzabteilung regelmäßig zusammen, um einen Managementplan unter breiter Einbindung zu erarbeiten, der dem europäischen Naturschutzrecht entspricht. Wozu wurde bereits zum nächsten Termin geladen, wenn es einen solchen Plan bereits geben würde? Oder handelt es sich beim Runden Tisch nur um eine Alibiaktion auf Kosten der Umweltanwaltschaft und aller Beteiligten? Das wäre genau der falsche Weg, wenn tragfähige Lösungen gefunden werden sollen“, kritisiert Wolf-Petre. „Fakt ist: Bis dato gibt es kein umfassendes Monitoring, keine entsprechende Dokumentation, keine Vorgaben zur Berichtslegung sowie keine Naturverträglichkeitsprüfung, wie sie etwa das Landesverwaltungsgericht mit der Aufhebung des ersten Abschuss-Bescheids forderte. Fischotter-Massenabschüsse auf Basis willkürlicher Annahmen halten einer europarechtlichen Prüfung schlicht nicht stand“, sagt Wolf-Petre.
Nicht seriös belegt sind auch die dem Fischotter unterstellten Schäden. „Fischpopulationen leiden am meisten unter dem schlechten Zustand ihrer Lebensräume“, analysiert Wolf-Petre und verweist darauf, dass laut Gewässerbewirtschaftungsplan nur 28 Prozent der niederösterreichischen Fließgewässer in „gutem“ oder „sehr gutem“ Zustand sind. Hauptgründe für den Fischrückgang sind der hohe Grad der Verbauung durch 5.650 Querbauwerke, die Erwärmung der Gewässer im Zuge der Klimakrise und die damit verbundene Ausbreitung von Krankheiten sowie ein falscher Fischbesatz. „Die bisherigen Investitionen in Renaturierung des Landes sind positiv, reichen aber bei weitem nicht aus. Sie können daher auch kein Vorwand dafür sein, dem Fischotter als natürlichem Teil des Ökosystems die Schuld für das Fischsterben umzuhängen“, so die WWF-Expertin.
Zumindest bisher nicht zahlenmäßig belegt sind auch die Behauptungen des Landes, die Mittel für Prävention und Kompensation seien „vervierfacht“ worden. Selbst wenn dem so wäre, schafft dies noch lange keine Voraussetzungen für Massenabschüsse in geplanter Form. „Weder hat das Land geprüft, ob sich Abschüsse negativ auf Natura2000-Gebiete auswirken, noch ob der Einsatz von gelinderen Mitteln eine Alternative darstellt. Bis dato fehlt der Nachweis, dass der Fischotter ursächlich für den Fischrückgang in Fließgewässern ist und Tötungen dem entgegenwirken würden, also überhaupt erforderlich und zielführend sind. Aus Sicht des WWF existiert keine naturschutzfachliche Rechtfertigung für den Abschuss von europarechtlich streng geschützten Fischottern“, schließt Wolf-Petre.
Rückfragehinweis:
Mag. Florian Kozák
Pressesprecher WWF Österreich
florian.kozak@wwf.at
+43 676 83 488 276
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Fünf WWF-Tipps für umweltschonenden Christbaumkauf
Großteil der Österreicher:innen setzt auf echte Bäume zu Weihnachten – Naturschutzorganisation liefert Entscheidungshilfe für umweltschonende Baumwahl
WWF warnt vor Scheitern der COP28: Auslaufen fossiler Energien als Knackpunkt
Fossile Energien entscheiden über Erfolg und Misserfolg der Klimakonferenz – WWF fordert Verknüpfung mit Ausbau der Erneuerbaren – Fonds für Klimaschäden ist positiver Grundstein für mehr Klimagerechtigkeit
Weltbodentag: WWF kritisiert Ausreden und Schönfärberei der Politik
Bodenverbrauch in Österreich nach wie vor zu hoch, Versiegelung sogar schlimmer als bislang angenommen – Naturschutzorganisation fordert wirksame Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden
WWF-Erfolg: Seltenes Sumatra-Nashorn geboren
In Indonesien gibt es Nachwuchs bei den extrem seltenen Sumatra-Nashörnern! Die Geburt des männlichen Kalbs ist ein wichtiger Erfolg der Sumatra-Nashorn Allianz, zu der auch der WWF gehört. Denn laut Schätzungen gibt es weltweit nur mehr 80 Tiere dieser Art.
WWF: Bodenversiegelung deutlich höher als angenommen
Neue offizielle Zahlen bestätigen hohen Bodenverbrauch in Österreich – Versiegelte Fläche ist sogar um über 20 Prozent höher als bisher berechnet – WWF fordert Bodenschutz-Paket
Stromanbieter-Check 2023: Jede fünfte Kilowattstunde Strom aus fossilen Energien
21 Prozent des österreichischen Stroms aus Gas und Kohle – Vier Atomstrom-Konzerne direkt am heimischen Strommarkt aktiv – Stromanbieterwechsel ist kinderleicht, kostenlos und geht schnell
Neue Erdgasförderung wäre klimapolitisches Harakiri-Projekt
Umweltschutzorganisation kritisiert „völlig falsche Weichenstellung“ in Oberösterreich und fordert eine naturverträgliche Energiewende – Fatales Signal im Vorfeld der Weltklimakonferenz
Kein Regenwald, kein Jaguar: WWF fordert Entwaldungs-Stopp im Amazonas
Tag des Jaguars am 29. November – WWF im Einsatz zum Schutz der Großkatzen durch Regenwaldschutz und Aufklärungsarbeit