Rechnungshof-Bericht fordert mehr Verbindlichkeit beim Bodenschutz – WWF sieht sich in Forderungen bestätigt und kritisiert “zahnlose Bodenpolitik”
Neue Greifvogelverordnung: Blutiger Jänner in Niederösterreich!

Wien, am 13. Jänner 2009 – Kurz vor Weihnachten wurde von der niederösterreichischen Landesregierung eilig eine neue „Beutegreiferverordnung“ zum Abschuss von 240 Greifvögeln beschlossen. Diese Verordnung soll einen beispiellosen jagdlichen Eingriff in die heimische Vogelwelt ermöglichen. Bis zum 31. Jänner ist es niederösterreichischen Jägern erlaubt, 200 Mäusebussarde und 40 Habichte zu erlegen; offiziell, um gefährdete Arten – die angeblich auf dem Speisezettel der Greifvögel stehen – zu schützen. „Unter dem Deckmantel des Naturschutzes wird hier offenbar alten Feindbildern, den Greifvögeln, das Halali geblasen“, ist Dr. Bernhard Kohler vom WWF empört. Wegen dieses mittelalterlichen Jagdverständnisses wurden in der Vergangenheit zahlreiche Tierarten wie Seeadler, Kaiseradler, Braunbär oder Luchs als vermeintliche Nahrungskonkurrenten des Menschen ausgerottet. WWF und BirdLife Österreich fordern Landesrat Plank zur sofortigen Rücknahme der Beutegreiferverordnung auf.
Gefährdete Arten wie Brachpieper, Smaragdeidechse oder Springfrosch, die in der Verordnung zur Legitimation für die Abschüsse herangezogen werden, verschwinden nicht durch Greifvögel, sondern durch die rasant fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraumes. Mäusebussarde fressen vorwiegend Mäuse und Aas, der Habicht erbeutet vor allem Vögel bis zu einer Größe von Krähen, Eichelhähern und Ringeltauben. Bei keiner der 26 Arten, die in der Verordnung aufgezählt sind, ist eine Bedrohung durch Mäusebussard und Habicht wissenschaftlich nachgewiesen. Bei 16 Arten davon fehlt sogar der Nachweis, dass sie überhaupt von den beiden Greifvögeln gefressen werden. „Wir können der absurden Argumentation ’Schutz durch Abschießen’ absolut nichts abgewinnen. In Wahrheit geht es in der Verordnung wohl um jagdliche Interessen, indem man sich in den Niederwildrevieren mehr Fasane und Hasen verspricht. Habicht und Mäusebussard halten hier als Sündenböcke für Lebensraumverluste her!“ verurteilt Mag. Gábor Wichmann von BirdLife Österreich die Verordnung scharf.
Die Greifvogelverordnung torpediert zudem langjährige Naturschutzbemühungen für die Rückkehr ehemals ausgerotteter Arten nach Österreich. So brüten im Osten unseres Landes fünf bis sieben Paare des majestätischen Seeadlers. Auch dem sehr seltenen Kaiseradler ist in den letzten Jahren in Niederösterreich mit zwei Brutpaaren ein eindrucksvolles Comeback gelungen. Mit der vorliegenden Verordnung öffnet das Land Niederösterreich Tür und Tor für „irrtümliche“ Abschüsse dieser bedrohten Greifvögel, da Verwechslungen beim Abschuss vorprogrammiert sind.
Nach Meinung von WWF und BirdLife steht die Verordnung auch dem erklärten Bestreben der niederösterreichischen Jägerschaft entgegen, eine moderne, „weidgerechte Jagd zum Wohl der Natur“ auszuüben. „Es ist bedauerlich, dass Landesrat Plank sich hier für ein völlig veraltetes Jagdverständnis stark macht – sogar auf die Gefahr einer neuerlichen EU-Klage hin“, so die Naturschutzorganisationen. Die aktuelle Verordnung stellt bereits den zweiten Versuch dar, in Niederösterreich die EU-Vogelschutzrichtlinie zu umgehen, um die Jagd auf Greifvögel eröffnen zu können. Beim ersten Anlauf war ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich die Folge. Auch diese vorliegende Neuverordnung verstößt unzweifelhaft gegen EU-Recht, sind WWF und BirdLife überzeugt.
Rückfragehinweis und Fotos:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Naturgefahren: WWF fordert Sicherheitsprüfung für Kraftwerk Kaunertal
Österreichische Staubeckenkommission soll Ausbauprojekt auf aktuelles Risiko für Naturgefahren überprüfen – Bisheriges Gutachten veraltet und lückenhaft
WWF-Erfolg: Weniger gewilderte Nashörner in Südafrika
Neue Zahlen aus Südafrika machen Hoffnung für den Nashorn-Schutz: Im Naturreservat Hluhluwe-iMfolozi ging die Wilderei um fast 70% zurück. Grund dafür war eine Enthornungs-Aktion – ein drastischer Schritt für den Schutz der Tiere, der aber leider kein Allheilmittel ist.
VCÖ und WWF: Mehr als 17.000 Hasen pro Jahr Opfer des Straßenverkehrs
Zersiedelung und Straßenbau zerstören den Lebensraum von Hasen und anderen Wildtieren – VCÖ und WWF fordern Reduktion des Bodenverbrauchs und ein Ende der Zersiedelung
Schutzstatus Wolf: WWF kritisiert “Feldzug gegen den Artenschutz”
EU-Botschafter:innen stimmen für die Abschwächung des Wolf-Schutzstatus – Naturschutzorganisation fordert Rückkehr zu wissenschaftlich gedeckten Lösungen
WWF-Erfolg: Kleiner Leopard in Armenien geboren
Persische Leoparden sind extrem selten. Umso erfreulicher: Erstmals wurde in Armenien die Geburt eines Leoparden offiziell registriert. Ein Erfolg, der auf jahrzehntelangen Schutzbemühungen basiert.
Neuer WWF-Bericht: Biber als Schlüsselart in Klima- und Biodiversitätskrise
Welt-Bibertag: Heimischer Nager bringt hohen Nutzen für Biodiversität und Anpassung an Extremwetter – WWF fordert mehr Raum für tierischen Bauingenieur
Wiederansiedlung: WWF stärkt den Artenschutz am Inn
Hilfsmaßnahmen für gefährdete Arten am Inn – INNsieme connect siedelt Zwergrohrkolben in den Mieminger und Rietzer Innauen an und schafft Laichplätze für seltene Gelbbauchunke
WWF kritisiert Kaunertal-Einreichung als “fahrlässig und verantwortungslos”
Tiwag will Ausbau Kraftwerk Kaunertal trotz zahlreicher Risiken und Naturgefahren durchboxen – WWF fordert Stopp und verweist auf Alternativen für naturverträgliche Energiewende