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Neue Studie: Ausbau Kraftwerk Kaunertal bedroht Wasserversorgung im Ötztal

Der geplante Ausbau des Kraftwerks Kaunertal zur Kraftwerksgruppe bedroht die Wasserversorgung im gesamten Ötztal. Das untermauert eine neue Studie, die der WWF Österreich am Dienstag gemeinsam mit einem Ingenieurbüro präsentiert hat. “Die Klimakrise führt im Ötztal zu immer trockeneren Sommern mit immer höheren Temperaturen und dadurch zu knapperen Wasserressourcen”, warnt WWF-Expertin Bettina Urbanek. “Dass die Tiwag in dieser angespannten Lage bis zu 80 Prozent des Wassers aus Venter und Gurgler Ache für ihr veraltetes Projekt abzweigen will, ist geradezu fahrlässig. Das wären 290 Millionen Kubikmeter pro Jahr – rund das siebenfache des Wasserbedarfs von Innsbruck.” Darüber hinaus wächst der Trinkwasserbedarf der Gemeinden: “Der Trend der Tourismuszahlen zeigt, dass allein der private Wasserbedarf im Ötztal bis 2050 im Winter um 22 Prozent und im Sommer um 14 Prozent ansteigen wird”, erklärt Studienautor Ulrich Wild-Pelikan vom Ingenieurbüro “Projekt Wasser”.
Der WWF fordert daher den sofortigen Stopp des Kaunertal-Projekts durch die Landesregierung, den Schutz der Wasserressourcen im Ötztal sowie eine offene Diskussion mit allen Betroffenen über naturverträgliche Alternativen zum Monster-Projekt. ”Das ausgeleitete Ötztaler Wasser würde fast nur im Sommer Strom produzieren. Das geht mit Photovoltaik schneller, billiger, naturverträglicher und ohne Nutzungskonflikte um wertvolles Wasser„, erklärt Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek. “Tirol hat ohnehin erst zwei Prozent seines Potentials für Photovoltaik ausgeschöpft. Das wäre auch für die Tiwag ein zukunftsträchtiger Geschäftszweig.”
Höhere Temperaturen und schmelzende Gletscher
Von 1990 bis 2018 sind die Gletscherflächen im Ötztal um rund 36 Prozent geschrumpft. Bis 2060 sollen sie Prognosen zufolge nahezu gänzlich abgeschmolzen sein. “Das wird schon ohne die geplante Kraftwerksgruppe zu wesentlichen Änderungen der Abflussverhältnisse führen”, warnt Ulrich Wild-Pelikan. “Denn Venter und Gurgler Ache und damit die Ötztaler Ache beziehen große Teile ihres Wassers von den Gletschern – in Vent trägt die Eisschmelze mit rund 70 Prozent zum hochsommerlichen Abfluss bei, in Huben sind es rund 60 Prozent.” Schon allein aufgrund der Klimakrise werden die Ötztaler Flüsse künftig im Jahresschnitt um rund ein Drittel weniger Wasser führen – im Sommer um rund zwei Drittel weniger. “Die Abnahme der Wassermenge und jahreszeitliche Verschiebung ist bereits messbar”, erklärt Wild-Pelikan. “Ein ähnlicher Trend zeigt sich auch bei Niederschlägen und bei Quellen. Letztere schütten nach anfänglicher Zunahme der einsetzenden Gletscherschmelze bereits jetzt merkbar weniger Wasser aus, da sich die Eisreserven der Gletscher deutlich reduzieren.“
Wasserversorgung gefährdet
Mit der Ausleitung von bis zu 80 Prozent des Wassers aus den Zuflüssen der Ötztaler Ache würde das Wasser nicht nur in den Flüssen fehlen, sondern auch die Neubildung der Grundwasserreserven verringert: “Um das Wasser bei Venter und Gurgler Ache entnehmen zu können, muss die Tiwag umfangreiche Bauwerke errichten, deren Sohle mit sogenannten “Dichtschirmen” weit in den Boden bis zum Grundwasser reichen”, erklärt Ulrich Wild-Pelikan von “Projekt Wasser”. “Damit würde auch sämtliches Grundwasser an der Wasserfassung zurückgehalten, das dann nicht mehr wie bisher die Wasserreserven im Talboden von Sölden speisen könnte.” Darüber hinaus würde im Bau und im Betrieb auch das Berggrundwasser abgeleitet, das in den geplanten Überleitungsstollen zwischen Ötztal und Kaunertal eindringt und somit aus dem Ötztal abgeleitet würde. “Das entspricht der Größenordnung von 50 Prozent der derzeit bewilligten Trinkwasserentnahmen von Sölden aus”, sagt Bettina Urbanek. “Das kann zu direkten Beeinträchtigungen bestehender Wasserrechte und einem weiter reduzierten Grundwasserzufluss führen.”
Tourismus bedroht
Der Wassermangel wird sich auch auf den Tourismus negativ auswirken: “Die Ötztaler Ache ist nicht nur ein wichtiger Hotspot für den internationalen Kajaksport, sie zieht auch insbesondere bei der Ötzer Wellerbrücke ein breites Publikum an”, sagt Bettina Urbanek. Auch der Skitourismus ist durch die Kraftwerkspläne betroffen: “Allein der private Wasserbedarf im Ötztal ist im Winter rund 2,4 mal höher als im Sommer, was auf die hohen Tourismuszahlen im Vergleich zur Bevölkerung zurückzuführen ist. Unter Berücksichtigung der Beschneiungsanlagen fällt dieser Unterschied umso größer aus”, erklärt Ulrich Wild-Pelikan. “Es ist nicht gesichert, ob in Zukunft noch ausreichend Beschneiungswasser vorhanden sein wird, wenn künftig bereits für die private Trink- und Nutzwasser-Versorgung ergänzende Bezugsquellen erforderlich werden.”
Landesregierung muss umdenken
Im Programm der Landesregierung ist die Sicherung der Wasserressourcen ebenso verankert wie das Prinzip, dass das Wasser in den Händen der Tirolerinnen und Tiroler bleiben soll. „Durch ihr Beharren auf dem überholten Kaunertal-Projekt verschärft die Landesregierung die Wasserknappheit. Stattdessen muss die Politik die Wasserreserven des Ötztals und ganz Tirols für die kommenden Jahrzehnte schützen und ein klimafittes Wassermanagement etablieren”, fordert WWF-Expertin Bettina Urbanek. “Darüber hinaus muss der Wasserwirtschaftliche Rahmenplan Tiroler Oberland überarbeitet werden, der den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal enthält. Weil darin die Klimakrise noch nicht berücksichtigt ist, drohen irreversible Schäden für die Wasserversorgung und unser Naturerbe.”
Die komplette Studie sowie Bildmaterial finden Sie hier.
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