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Schutz für den Dschungel Österreichs vor den Toren Wiens

Wien, am 23. April 2010 – Im Biodiversitätsjahr 2010 rücken die Naturschutzorganisationen das bedrohte Naturparadies der March-Thaya-Auen ins Zentrum. Diese Auen sind die bedeutendste Flusslandschaft Österreichs und das letzte Refugium für 91 vom Aussterben bedrohte Arten wie den weltweit gefährdeten Kaiseradler. Das geht aus einer heute von WWF, NATURSCHUTZBUND NIEDERÖSTERREICH und BirdLife Österreich vorgestellten Studie hervor. Im Herzen des „Grünen Bandes“ entlang des ehemaligen Eisernen Vorhanges gelegen, blieb die Natur an den Grenzflüssen March und Thaya lange Zeit weitgehend unversehrt. Die heute präsentierte Studie beschreibt die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Sicherung dieses Hotspots der Artenvielfalt.
Wie ein Mosaik aus ausgedehnten Auwäldern, Altarmen, Tümpeln, Auwiesen und trockenen Sanddünen – so abwechslungsreich präsentiert sich die Landschaft entlang der Flüsse March und Thaya in Niederösterreich. Die unmittelbare Nachbarschaft unterschiedlicher Lebensraumtypen schafft eine besonders hohe Biodiversität auf engem Raum. Auf nur 0,2 Prozent der Österreichischen Staatfläche leben hier beispielsweise 67 Prozent der heimischen Vogelarten. Auch in Aulandschaften weit verbreitete Arten wie Biber, Auhirsch oder Weißstorch kommen in besonders großen Beständen vor.
Öko-Eldorado für spezialisierte Arten
Für viele anspruchsvollere Arten ist das Gebiet jedoch von außerordentlicher Bedeutung, weil sie in Österreich nur hier vorkommen. Dazu gehören die winzigen 280 Millionen Jahre alten „Dinosaurier“ der Region: Zwei Urzeitkrebs-Arten, der Grüne Feenkrebs und die Große Estherie, sind nur noch in den March-Thaya Auen zu finden.
Auch die imposante Greifvogelwelt ist ein Indikator für die Einzigartigkeit dieser Landschaft. Während in weiten Teilen Österreichs nur der Turmfalke und der Mäusebussard häufig sind, beherbergen die March-Thaya-Auen zwölf verschiedene Arten. Derzeit brüten zwei bis drei Seeadler-Paare in den alten Baumriesen der Auen. Auch der majestätische Kaiseradler und der elegante Rotmilan finden hier ihr eines ihrer bedeutendsten Refugien in Österreich.
Seltene Naturjuwele am Grünen Band
Für die heute vorgelegte Studie haben 14 Wissenschaftler 1.612 Arten der March-Thaya-Auen im Hinblick auf ihr Vorkommen und ihre Bedrohung analysiert. 444 der untersuchten Arten sind demnach als hochgradig gefährdet einzustufen. 67 Prozent aller Brutvogelarten Österreichs, 63 Prozent aller heimischen Libellenarten und 43 Prozent aller Farn- und Blütenpflanzen kommen in den March-Thaya-Auen vor. Diese hohe Biodiversität übertrifft viele wesentlich besser geschützte Gebiete Österreichs.
Schleichender Verfall ist vorprogrammiert
Doch das Artenparadies ist bedroht. Die harte Regulierung der Flüsse March und Thaya sowie die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft im 20. Jahrhundert bedingt, dass bereits 55 Arten wie die Großtrappe, die Sumpfohreule und die Sumpfgladiole aus dem Gebiet verschollen sind.
Wenn nicht sofort ambitionierte Schutzmaßnahmen gesetzt werden, droht vielen weiteren Auenbewohnern das gleiche Schicksal. Wasserliebende Arten wie Moorfrosch, Wechselkröte und Rotbauchunke verlieren durch das Austrocknen der Altarme und Tümpel ihren Lebensraum. Diese Augewässer verlanden zusehends durch die Kanalisierung der Flüsse.
Auch die begleitenden Auwälder erhalten durch die Flussregulierung weniger lebensspendendes Wasser. Insgesamt – so zeigt die Studie – könnten 91 Arten aus dem Gebiet verschwinden.
Masterplan zur Rettung der Auen
Die Studie schlägt für 221 Schwerpunktarten 30 konkrete und den Lebensraum verbessernde Maßnahmen vor. Priorität hat die Renaturierung von March und Thaya. Mehr als hundert bedrohte Arten wie der Fischotter, die Flussseeschwalbe oder der Schwarzstorch brauchen wieder eine naturnahe Flussdynamik.
Ausgedehnte Ruhezonen rund um die Horste auf den Auwaldriesen sollen sicherstellen, dass scheue und höchst gefährdete Großvögel wie der Kaiseradler oder der Sakerfalke eine dauerhafte Lebensgrundlage haben. Außerdem muss die extensive Wiesennutzung durch die Landwirte der Region weiter geführt werden, damit nicht noch mehr Wiesen in Äcker umgewandelt werden. So verbleiben auch wichtige Nahrungsgründe für den Weißstorch.
Voraussetzung für die Umsetzung all dieser Maßnahmen ist eine adäquate Betreuung der einzigartigen Auenlandschaft mit entsprechender finanzieller Ausstattung. Nur dadurch kann der Biodiversitäts-Hotspot Österreichs für die Nachwelt erhalten bleiben.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 488 17 250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Gerhard Egger, WWF-Projektleiter March-Thaya-Auen Tel. 0676/83 488 272; E-Mail: gerhard.egger@wwf.at
Wir danken den Österreichischen Lotterien für die großzügige Unterstützung unseres Flussprogramms!
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