Naturschutzorganisation fordert Politik zum Umdenken auf – Weitere Verbauung der Gletscher stoppen und als Zufluchtsorte für seltene Tiere und Pflanzen erhalten
Tiger-Comeback in 5 Ländern

Vor 100 Jahren streiften mehr als 100.000 wilde Tiger durch Asien. Vor zehn Jahren (2010) waren es gerade noch 3.200 Tiere. Um diese beeindruckende Großkatze vor dem Aussterben zu retten, wurde 2010 die länderübergreifende Initiative „TX2“ ins Leben gerufen. Die erfreuliche Zwischenbilanz nach 10 Jahren Tigerschutz: In fünf der 13 teilnehmenden Länder steigt die Tiger-Population erstmals seit 2010 wieder!
Ziel der Tigerschutz-Initiative „TX2“ ist es, bis 2022 – dem nächsten chinesischen Jahr des Tigers – die Zahl der bedrohten Großkatzen in freier Wildbahn zu verdoppeln. Keine einfache Aufgabe, besonders in Zeiten der Corona-Pandemie. Weltweit führten Ausgangssperren dazu, dass Wilderer unbemerkt in Schutzgebiete eindringen konnten.

Tiger am Rande der Ausrottung
Im Jahr 2010 hatte der Mensch den Tiger beinahe ausgerottet. In ganz China lebten dazumal gerade noch 20 Individuen in freier Wildbahn. In Vietnam und Kambodscha gäbe es zwar geeigneten Lebensraum, sie gelten aber als biologisch ausgestorben. Insgesamt streiften vor zehn Jahren (2010) nicht mehr als 3.200 Tiger durch Asien. Ein historischer Tiefpunkt.
Damals wie heute ist der Mensch die größte Bedrohung für den Tiger. Die illegale Wilderei und die Zerstörung der Wälder – seinem natürlichen Lebensraum – brachten und bringen die Tiere an den Rand der Ausrottung. Um die Großkatze vor dem Aussterben zu bewahren, entwickelte der WWF gemeinsam mit anderen Organisationen und den Regierungen der 13 Länder eine Vision für den Tigerschutz. Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung ist dabei das Herz der Kampagne.
Tiger-Comeback in 5 Ländern
Die Bemühungen der TX2-Initiative tragen nach 10 Jahren Früchte. In Indien, Bhutan, China, Nepal und Russland steigt die Zahl wild lebender Tiger erstmals wieder an. „Nach einem historischen Tiefstand im Jahr 2010 kehren die Tiger endlich in weiten Teilen Südasiens, Russlands und Chinas zurück und feiern ein bemerkenswertes Comeback. Eine gute Nachricht auch für die anderen bedrohten Arten, mit denen sie ihren Lebensraum teilen – und auch für die Millionen von Menschen, die von diesen Ökosystemen abhängig sind“, freut sich Stuart Chapman, Leiter der Tigers-Alive Initiative des WWF.
Besonders erfreulich: In Indien, wo rund drei Viertel der weltweiten Tigerpopulation lebt, hat sich die Zahl der Großkatzen bis heute mehr als verdoppelt. Auch im Königlichen Manas-Nationalpark in Bhutan sowie in Nepal leben heute wieder mehr als doppelt so viele Tiger, als es 2010 der Fall war. Ein weiterer Meilenstein: In China pflanzen sich die bedrohten Großkatzen seit zumindest 2014 wieder fort und siedeln sich dauerhaft an, wie Kameraaufnahmen aus dem Jilin-Wangqing-Naturreservat zeigen. Ohne die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung ein Ding der Unmöglichkeit.

Menschen brauchen Alternativen zur illegalen Jagd und zur Abholzung
Der Lebensraum der Tiger überschneidet sich vielerorts mit dem der Menschen. Die lokale Bevölkerung ist auf Brennholz und andere Rohstoffe aus den Wäldern und auf die illegale Jagd auf Wildtiere, wie Tiger, angewiesen. Der Schlüssel zur Rettung der bedrohten Großkatze liegt in der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort und dem Schaffen von lukrativen, nachhaltigen Alternativen zur Wilderei und Abholzung der Wälder.
„Wir müssen Einkommensmöglichkeiten schaffen und die Gemeinden unterstützen, damit sie sich selbst versorgen können. Wenn die Bauern wirtschaftlich vom Tigerschutz profitieren, wenn sie aus der Armut befreit werden und eine gut etablierte wirtschaftliche Basis haben, werden sie uns helfen, Tiger zu schützen.“, so Ugyen Tshering, Nationalparkmanager des Jomotshangkha Wildlife Sanctuary Bhutan. Naresh.
Frauen patrouillieren für Tiger
In den letzten zehn Jahren konnten mit Unterstützung des WWF unterschiedliche Projekte ins Leben gerufen werden. Zum Beispiel das von Frauen geführte Projekt „Hameri“ in Indien. Frauen gründen nachhaltige Unternehmen und verkaufen traditionell hergestellte Nahrungsmittel wie Essiggurken, Säfte und Marmeladen. Damit sichern sie die Existenzgrundlage der Gemeinschaften in sechs Dörfern und helfen, langfristig Unterstützung für den Tigerschutz zu erhalten.
In China patrouilliert ein Team von ausschließlich weiblichen Rangerinnen für das „Dongning Foesty Bureau“ in der nordöstlichen Region des Landes. Die Frauen hören sich die Probleme der lokalen Bevölkerung an und versuchen sie für den Schutz der Wildtiere und Wälder zu sensibilisieren.
In Nepal unterstützen vor allem Citizen Scientists die Tigerschutz-Arbeit des WWF. Ein Begriff für Menschen aus der Bevölkerung, die beim Sammeln und Auswerten von Daten helfen. Naresh Tharu ist ein solcher Citizen Scientist und arbeitet seit fünf Jahren für den WWF in Nepal. Er wertet Kamerafallen aus. Ohne die Unterstützung von Menschen wie Naresh und die der Gemeinden, die in und um die Lebensräume der Tiger leben, hätte Nepal keinen so durchschlagenden Erfolg bei der Erholung seiner einst fragilen Tigerpopulation gehabt.

Schutz der Wälder beugt Pandemien vor
Von einer intakten Natur profitieren nicht nur die bedrohten Großkatzen, sondern auch der Mensch. Ein gesunder Wald beugt Pandemien und Krankheiten wie Zoonosen vor, die von Wildtieren auf den Menschen überspringen, wie aktuell Covid-19.
„Wenn wir Tiger schützen wollen, müssen wir ein großes Gebiet mit gesundem Wald erhalten. Ein gesunder Wald bedeutet, dass wir saubere Luft und sauberes Wasser haben… Wenn wir gesunde Wälder haben, können wir Naturkatastrophen verhindern“, erklärt Ugyen Tshering, Nationalparkmanager des Jomotshangkha Wildlife Sanctuary Bhutan.
Citizen Scientis Naresh Tharu aus Nepal betont zudem, dass Tigerschutz nur dann funktioniere, wenn die Menschen davon profitieren. „Jetzt, wo die Wälder gedeihen, gedeihen auch die Tiere. Die Schönheit der Natur zieht Touristen aus der ganzen Welt an. Bardia hat sich zu einem touristischen Zentrum entwickelt und damit viele neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die Einheimischen geschaffen.“ Wie Naresh betont, liegt die Zukunft des Tigerschutzes hier stark in einem Ansatz, der sicherstellt, dass die Menschen von den Bemühungen zum Schutz der Tiger und ihrer Lebensräume profitieren.
Probleme der Zukunft
Um die bisherigen Erfolge zu würdigen, hat die Initiative „TX2“ die Auszeichnung „Tiger Conservation Excellence Award“ ins Leben gerufen. Am 23.November 2020, dem 10-jährigen Jubiläum der „TX2“-Initiatve, wird der Preis vom WWF gemeinsam mit anderen Organisationen den Regionen verliehen, die einen signifikanten Fortschritt im Tigerschutz gemacht haben.
Trotz der Erfolge der vergangen 10 Jahre dürfen wir nicht vergessen, dass Tiger immer noch bedroht sind. Ziel der länderübergreifenden „TX2“-Initiative ist es nicht nur, die Zahl von frei lebenden Tigern bis 2022 auf 6.400 Tiere zu verdoppeln, sondern auch, ihnen eine Zukunft in freier Wildbahn zu sichern.
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