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Umweltschande in NÖ: Artenparadies Völtendorf vor Zerstörung

St. Pölten, am 06. Juli 2010 – Ausgerechnet im Jahr der Artenvielfalt und wenige Tage nachdem der jüngste Umweltkontrollbericht Österreich massive Versäumnisse in Sachen Biodiversitäts-Erhalt attestiert, soll nun ein weiteres wertvolles Naturparadies der Zerstörung preisgegeben werden. Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten hat die 30 Hektar große “Panzerbrache“ am ehemaligen Garnisonsübungsplatz (GÜPL) Völtendorf zur landwirtschaftlichen Nutzfläche erklärt. In Zukunft sollen monotone Maisäcker dort zu finden sein, wo sich jetzt noch eine bunte Vielfalt seltener Arten tummelt. Durch die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft kann der Stadtgemeinde St. Pölten der Erwerb des GÜPL nachträglich streitig gemacht werden. Die Stadt hat das Gebiet ersteigert, um dort ein Naherholungs- und Naturschutzgebiet einzurichten. Auf Betreiben interessierter Landwirte wird es nun eine Sitzung der Grundverkehrskommission geben. „Das wird eine reine Farce“, wettert Bernhard Kohler vom WWF. „Die von landwirtschaftlichen Interessensvertretern dominierte Kommission wird alle Anträge der 24 Bauern ungeprüft durchwinken, weil sie deren Anliegen ganz offenkundig Vorrang einräumt – und die BH hat mit ihrer Entscheidung den Weg dazu freigemacht.“
Die einzige Möglichkeit zur Rettung der Grünen Lunge von St. Pölten, zugleich einzigartiger Lebensraum für unzählige bedrohte Arten, sehen WWF, Naturschutzbund NÖ, BirdLife Österreich und die Forschungsgemeinschaft LANIUS im Erwerb des Geländes durch die niederösterreichische Landeshauptstadt. „Erst vor wenigen Tagen konnten wir hier den in Österreich massiv vom Aussterben bedrohten Wachtelkönig nachweisen“, unterstreicht BirdLife-Geschäftsführer Gerald Pfiffinger die hohe ökologische Wertigkeit des Gebietes.
Für die Naturschutzorganisationen ist die Entscheidung der BH St. Pölten in Sachen Völtendorf in zweierlei Hinsicht skandalös. „Über das öffentliche Interesse am GÜPL Völtendorf wurde einfach drüber gefahren“, ist Markus Braun von der Forschungsgemeinschaft LANIUS empört. Aber auch die Naturschutzabteilung des Landes NÖ habe versagt. „Tausende Gelbbauchunken, Laubfrösche, Teichmolche und Urzeitkrebse verlieren ihren Lebensraum, damit hier nach massiven Entwässerungen, Anschüttungen und Planierungen vielleicht Mais wachsen kann“, schüttelt Hans-Martin Berg vom Naturschutzbund NÖ den Kopf. Dabei seien ohnehin bereits alle Amphibienarten Österreichs gefährdet und deshalb jeder verbleibende Lebensraum besonders wichtig.
„Artenvielfalt sichert unser Überleben und ist ein unverzichtbarer Teil für den Erhalt unserer Lebensqualität“, sagte Umweltminister Berlakovich erst vor wenigen Tagen. „Wird der Garnisonsübungsplatz Völtendorf mit seinen Amphibientümpeln, seinen blumenreichen Wiesen und den bunten Laubwäldern zerstört, so opfert man ein ganz erhebliches Stück Lebensqualität den Interessen der Landwirtschaftslobby", so Bernhard Kohler vom WWF.
Der Erhalt der Grünen Lunge im Süden St. Pöltens für die kommenden Generationen muss wichtiger sein, als kurzfristige wirtschaftliche Vorteile für wenige Einzelpersonen, sind sich die Naturschutzorganisationen einig.
Rückfragehinweis und Fotos:
Dr. Bernhard Kohler, Österreichprogrammleiter WWF Österreich, Tel. 0676/83 488 281
Mag. Markus Braun, Stv. Obmann der Forschungsgemeinschaft LANIUS, Tel. 0650/9399111
Hans-Martin Berg, Naturschutzbund Niederösterreich, Tel. 01 521 77 296
Mag. Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer BirdLife Österreich, Tel. 01/5234651
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