Bodenverbrauch in Österreich nach wie vor zu hoch, Versiegelung sogar schlimmer als bislang angenommen – Naturschutzorganisation fordert wirksame Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden
WWF-Analyse von Rabattaktionen: Billig-Fleisch stoppen, Preis-Dumping einstellen

Wien. 8. Februar 2019. Eine aktuelle WWF-Analyse von Rabattaktionen in österreichischen Supermärkten zeigt, dass Fleisch oft weit unter seinem fairen Wert verkauft wird und damit völlig falsche Anreize im Markt gesetzt werden. Denn die ständige Rabattierung von Fleischprodukten ist Teil eines fatalen Kreislaufs, der nicht nur auf Kosten von Umwelt und Gesundheit geht, sondern auch die heimischen Landwirte stark belastet. „Marktschreierische Rabatte fördern den massenhaften Absatz von Billigfleisch, das oft unter schlechten ökologischen Bedingungen zu Lasten des Tierwohls hergestellt wird. Preisdumping ist gerade bei wertvollen Lebensmitteln mit einem sehr hohen Produktionsaufwand der falsche Weg“, sagt Helene Glatter-Götz, Expertin für nachhaltige Ernährung beim WWF Österreich.
Anlässlich der Marktanalyse fordert die Umweltschutzorganisation von Handel und Politik eine verbindliche Regelung, um den Verkauf von Billig-Fleisch einzudämmen. „Ein Verzicht auf schädliche Rabatte würde den Druck auf die Landwirtschaft verringern und angemessene Erzeugerpreise fördern. Wenn Fleisch nicht mehr zu Fantasiepreisen verschleudert wird und unsere Bauern dafür einen fairen Preis bekommen, erhalten auch alle Konsumenten besseres Fleisch“, erläutert WWF-Vertreterin Glatter-Götz die Vorteile.
Vier Wochen hat der WWF Österreich Rabattaktionen von Supermarkt-Ketten gesammelt und analysiert. Einzelne Produkte, wie etwa Schweinsschnitzel oder gemischtes Faschiertes, sind fast dauerhaft stark rabattiert. Preisnachlässe um bis zu minus 50 Prozent sind keine Seltenheit. „Ein ganzes Huhn um 2 Euro, ein Kilo Schweinefleisch um weniger als 5 Euro oder ein Kilo Spareribs um weniger als 4 Euro – ein umwelt- und tierfreundlicher Betrieb ist mit derart niedrigen Preisen nicht aufrechtzuerhalten. Der Vergleich zeigt: Wir geben oft für Junk-Food mehr aus als für Frischfleisch. Die Wertigkeit von Fleischprodukten wird so völlig verzerrt“, sagt Glatter-Götz. Viele der beobachteten Fleischprodukte sind durchgehend im Angebot, Rabatte erfolgen auch unabhängig von saisonalen Nachfrageschwankungen.
Handel und Politik gefordert
Konkret könnte der vom WWF geforderte Verzicht auf Rabattaktionen für Billigfleisch im Fairnesskatalog des Lebensmitteleinzelhandels („Standpunkt für unternehmerisches Wohlverhalten“) festgeschrieben werden. „Falls es hier zu wenig Bewegung gibt, müssen Umwelt-, Gesundheits- und Wirtschaftsministerin eine abgestimmte gesetzliche Lösung erarbeiten“, betont WWF-Expertin Helene Glatter-Götz. „Politik und Handel sind gefordert, eine klima- und umweltfreundliche Ernährung stärker zu unterstützen. Bewusstseinsbildung ist auch wichtig, aber das Zurückdrängen von Billigfleisch darf nicht nur auf die Verantwortung der Konsumenten abgewälzt werden.“
Der WWF betont, dass bestimmte Preisnachlässe auch in anderen Bereichen gezielt unterbunden werden, um falsche Anreize zu vermeiden: So dürfen derzeit etwa Tabakwaren oder Baby-Anfangsnahrung nicht rabattiert angeboten werden. Auch für das Thema Fleisch ist eine spezifische und gut durchdachte Umsetzung notwendig: So sollten etwa Rabatte am Ende der Mindesthaltbarkeit eines Produkts von einem künftigen Verbot ausgenommen sein, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.
Umfrage: Österreicherinnen und Österreicher wollen mehr Qualität
„Billigfleisch fördert die Ausbeutung von Umwelt, Tieren und Landwirten. Dieser Teufelskreis muss endlich wirksam durchbrochen werden: Mit einem Verzicht auf schädliche Rabatte und einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung in Handel, Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie, damit die Kunden wissen, was sie kaufen und auf ihren Teller kommt“, bekräftigt WWF-Expertin Helene Glatter-Götz. Auch für die Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten geht Qualität über Quantität, wie eine repräsentative Studie zeigt: Demnach können sich 71 Prozent der Befragten vorstellen, weniger, aber dafür qualitativ besseres Fleisch zu essen, um die Umwelt zu schonen. Bei dieser Erhebung von Public Opinion (2017) wurden 1.036 Österreicherinnen und Österreicher ab 16 Jahren face-to-face befragt.
Hintergrund: WWF-Initiative „Fleisch ist uns nicht wurscht"
Zahlreichen Studien zufolge bildet der Fleischkonsum einen der größten Hebel im Kampf gegen Klimawandel und Naturzerstörung. Gerade in Österreich, wo besonders viel Fleisch gegessen wird, bringt eine Ernährungsumstellung auf weniger aber dafür besseres Fleisch eine Vielzahl an positiven Effekten für Klima, Natur und Gesundheit. Mit der neuen WWF-Initiative „Fleisch ist uns nicht wurscht“ macht die Umweltschutzorganisation gemeinsam mit zahlreichen prominenten Unterstützerinnen und Unterstützern auf die Problematik aufmerksam und zeigt Lösungsvorschläge auf. Ebenfalls unterstützt wird die Aktion von Die Umweltberatung sowie der Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22. Der Ende Jänner vorgestellte WWF-Fleischratgeber dient als eine praktische Orientierungshilfe für nachhaltigen Fleisch-Einkauf.
WWF-Fleischratgeber online unter: www.fleisch-ist-uns-nicht-wurscht.at
Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
WWF-Pressesprecher
Tel. 0676/83 488 308
E-Mail: vincent.sufiyan@wwf.at
Helene Glatter-Götz
WWF Programmleitung Nachhaltige Ernährung
Tel.: 01/488 17-268
E-Mail: helene.glatter-goetz@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF-Erfolg: Seltenes Sumatra-Nashorn geboren
In Indonesien gibt es Nachwuchs bei den extrem seltenen Sumatra-Nashörnern! Die Geburt des männlichen Kalbs ist ein wichtiger Erfolg der Sumatra-Nashorn Allianz, zu der auch der WWF gehört. Denn laut Schätzungen gibt es weltweit nur mehr 80 Tiere dieser Art.
WWF: Bodenversiegelung deutlich höher als angenommen
Neue offizielle Zahlen bestätigen hohen Bodenverbrauch in Österreich – Versiegelte Fläche ist sogar um über 20 Prozent höher als bisher berechnet – WWF fordert Bodenschutz-Paket
Stromanbieter-Check 2023: Jede fünfte Kilowattstunde Strom aus fossilen Energien
21 Prozent des österreichischen Stroms aus Gas und Kohle – Vier Atomstrom-Konzerne direkt am heimischen Strommarkt aktiv – Stromanbieterwechsel ist kinderleicht, kostenlos und geht schnell
Neue Erdgasförderung wäre klimapolitisches Harakiri-Projekt
Umweltschutzorganisation kritisiert „völlig falsche Weichenstellung“ in Oberösterreich und fordert eine naturverträgliche Energiewende – Fatales Signal im Vorfeld der Weltklimakonferenz
Kein Regenwald, kein Jaguar: WWF fordert Entwaldungs-Stopp im Amazonas
Tag des Jaguars am 29. November – WWF im Einsatz zum Schutz der Großkatzen durch Regenwaldschutz und Aufklärungsarbeit
Was wir von der Klimakonferenz COP 28 erwarten
© adobestock/Rafael HenriqueZwei sehr wichtige Wochen für das Klima: Von 30. November – 12. Dezember 2023 findet die 28. Internationale Klimakonferenz in Dubai statt. Dieser...
COP28: Klima-Allianz fordert dringend globale Kurskorrektur
Ausstieg aus allen fossilen Energien gefordert – Schlagkräftigen Fonds für Schäden und Verluste umsetzen – Klimaschutz muss sozial gerecht erfolgen
WWF-Faktencheck zum Bodenverbrauch in Oberösterreich
Wiederholt falsche und irreführende Behauptungen von Landesrat Achleitner – WWF fordert sachliche Debatte statt Zahlenspielereien und fauler Ausreden