Umweltschutzorganisation kritisiert „völlig falsche Weichenstellung“ in Oberösterreich und fordert eine naturverträgliche Energiewende – Fatales Signal im Vorfeld der Weltklimakonferenz
WWF: Heute ist der Anfang vom Ende des Kohle- und Erdölzeitalters

WWF Presseaussendung
Paris/Wien, 12. Dezember 2015 – Noch nie wurde an einer Klimakonferenz so hart gearbeitet wie in Paris. Für den WWF ist das heutige gerade eben einstimmig beschlossene Abkommen ein großer Fortschritt für die Menschheit, aber noch nicht der finale Durchbruch. Das Abkommen nimmt erstmals alle Staaten in die Klimaschutz-Pflicht und sendet auch ein klares Zeichen, dass Waldschutz unerlässlich ist, um die globale Temperaturerwärmung unter der kritischen 1,5 Grad-Schwelle zu halten. Alle Länder sind nun aufgefordert, sofortige Maßnahmen zur Reduktion ihrer Treibhausgase und zum Waldschutz sowie zum nachhaltigen Landmanagement einzuleiten. Denn der Landsektor ist die zweitgrößte Emissionsquelle nach dem Energiesektor. Nun liegt es an den einzelnen Ländern das Abkommen umzusetzen. „Das Glas ist jetzt nicht mehr leer sondern endlich halb voll. Es ist nun der Rahmen gesetzt, die wissenschaftlichen Grundlagen sind anerkannt und die Methoden für effektiven Klimaschutz sind beschlossen. Damit sind die Schienen in Richtung Ausstieg aus den fossilen Energien und für den Schutz der Wälder gelegt“, so WWF-Energiereferent Karl Schellmann. Für Österreich schlägt Schellmann eine Klima- und Energiekonferenz der Bundesregierung zum Beschluss von klaren Zielen zur Reduktion der Treibhausgase, der Erhöhung der Energieeffizienz und für die Umstellung auf erneuerbare Energien vor.
Die Delegationen in Paris standen vor der gigantischen Aufgabe, die Positionen von 196 Ländern unter einen Hut, also in eine gemeinsame, verbindliche Vereinbarung zu bringen. Nun wurde ein Abkommen beschlossen, das alle Länder in die Pflicht nimmt. „Das ist ein wichtiger und alles andere als selbstverständlicher Schritt“, sagt Patrick Hofstetter, Klima- und Energieexperte der WWF-Delegation in Paris. „Doch die Substanz dieses Abkommens ist viel zu schwach, um den gefährlichen Klimawandel zu verhindern.“ Damit Klimaschutz gelingt, darf ab sofort kein Geld mehr in Infrastruktur für fossile Energien fließen – von der Ölförderung über die Pipelines bis zu den Ölheizungen oder von Kohleabbau bis zu den Hochöfen. Gleichzeitig muss die Zerstörung von Wäldern und die Massentierhaltung gestoppt werden. Das Pariser Abkommen wird erst 2020 in Kraft treten. Um die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten dürfen die Emissionen nur mehr bis 2020 steigen und müssen danach rasch sinken. Die derzeitigen Zugeständnisse der Vertragsstaaten können dieses Ziel aber nur zur Hälfte erreichen. Übrig bleibt eine Lücke von zwölf bis 16 Gigatonnen.
Das Resultat in Paris zeigt einen spürbaren Willen, die Wissenschaft endlich ernst zu nehmen. Aber noch immer beruht der Vertragsentwurf auf freiwilligen Absichtserklärungen ohne einen verbindlichen Fahrplan wie die Staaten die globale Erwärmung unter zwei Grad, geschweige denn unter 1,5 Grad halten können. Bei der Finanzierung der Folgen des Klimawandels kamen die Verursacher des Klimawandels zu billig davon, was auf Kosten der ärmsten Länder geht. „Bitter ist“, so WWF-Klimapolitikexpertin Regine Günther, „dass die Emissionen des internationalen Luft- und Schiffsverkehrs im Abkommen nicht einbezogen sind. Die Lobby hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet.“ Nun stehen die einzelnen Staaten in der Verantwortung. Sie bestimmen ihre nationalen Klimaziele und die Maßnahmen, mit denen sich diese Ziele erreichen lassen und sie müssen diese Pläne alle fünf Jahre erneuern.
Österreich ist hier ebenfalls noch nicht auf Schiene. Der WWF fordert ein verbindliches Ziel von minus 95 Prozent Treibhausgasemissionen bis 2050 gegenüber 1990 und damit einen völligen Ausstieg aus der Verwendung von fossilen Energieträgern. Trotz Diskussion seit zwei Jahren gibt es noch keine Energie- und Klimastrategie bis 2030. Der WWF fordert eine Umsetzungsstrategie die sich an einem ambitionierten Zielpfad zum Dekarbonisierungsziel für 2050 orientiert. Bis 2030 muss Österreich den Energieverbrauch um mindestens 30 Prozent, die Treibhausgasemissionen um mindestens 50 Prozent senken und die gesamte Energieversorgung auf mehr als 60 Prozent gesteigert haben. „Bisher ist noch nicht einmal die Zielerreichung bis 2020 gesichert“, so WWF-Experte Schellmann.
Der WWF fordert für Österreich einen transparenten, alle Sektoren umfassenden Maßnahmenplan, der die Ziele möglichst übererfüllt um die Investitionskosten bis 2050 möglichst gering zu halten. Auch die Energieaufbringung entwickelt sich in Österreich ohne langfristiges Konzept und unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Der WWF fordert daher eine österreichweite Energieraumplanung für alle erneuerbaren Energien in achtsamen, naturschutzfachlich definierten Grenzen. „Um einen zukunftsfähigen Weg in der österreichischen Energie- und Klimapolitik einschlagen zu können, sollte es schon bald eine nationale Klimakonferenz in Österreich geben, an der alle Teile der Gesellschaft beteiligt sind und in der eine langfristige Vereinbarung erarbeitet wird“, fordert Karl Schellmann die österreichische Bundesregierung auf, das Abkommen von Paris so rasch wie möglich umzusetzen.
Weitere Informationen:
Franko Petri, Leiter Medien und Kampagnen WWF, Tel. 0676-83488231, E-Mail: franko.petri@wwf.at, www.wwf.at/presse.
Karl Schellmann, WWF Energiereferent, Tel. 0676-83488-249, E-Mail: karl.schellmann@wwf.at.
Regine Günther, Generaldirektorin Klima und Politik WWF Deutschland, Tel: 0049-151-1885 4923, E-Mail: regine.guenther@wwf.de.
Patrick Hofstetter, Leiter Klima- und Energie beim WWF Schweiz, E-Mail: patrick.hofstetter@wwf.ch, Tel. 0041-76-3056737.
WWF-Video zum Ende der COP21: www.ehour.me/video-CCC-DE
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