Von illegaler Abholzung in Paraguay bis zu Menschenrechtsverletzungen und Zerstörung von Küstenökosystemen auf den Philippinen: Europäische Banken, Pensionsfonds, Vermögensverwalter und Versicherungen in der Verantwortung – WWF fordert starkes EU-Lieferkettengesetz für nachhaltige Finanzpraktiken und wirksames Risikomanagement
WWF Österreich in Salamanca: Die Welt muss wieder wilder werden!

Wien/Salamanca, 3. 10. 2013 – 1.600 Delegierte aus über 60 Ländern treffen ab heute bis zum 10. Oktober auf der weltgrößten Wildniskonferenz in Salamanca/Spanien zusammen. Auf diesem internationalen Gipfel für den Naturschutz sollen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus aller Welt zusammengeführt werden um die letzten unberührten Gebiete unserer Erde dauerhaft zu schützen. Ein weiterer Schwerpunkt der Konferenz wird sein, bereits vom Menschen veränderte Landschaften wieder wilder werden zu lassen und Tieren und Pflanzen Lebensraum zurückzugeben. Es werden auch österreichische Vertreter von Ministerien, Nationalparks, Universitäten und vom WWF Österreich teilnehmen, denn auch bei uns sollen neu geschaffene Wildnisgebiete im Alpenraum den natürlichen Prozessen und der Artenvielfalt wieder mehr Gewicht geben. In Österreich gibt es derzeit nur ein einziges ausgewiesenes Wildnisgebiet in Dürrenstein mit rund 3.500 Hektar, was nicht einmal einem Vierhundertstel der Bundesfläche oder dem 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing entspricht. „Wir müssen Österreich wieder wilder machen. Wir brauchen mehr Flächen, wo Natur noch Natur sein darf, damit sich die gefährdeten Arten, die von natürlichen Prozessen abhängig sind, wieder erholen können und ein Stück des natürlichen Erbes von Europa erhalten wird“, fordert Michael Zika, WWF-Experte für Wildnisprojekte, der auch in Salamanca sprechen wird.
Der Begriff „Wildnis“ bezeichnet nach der Definition der Weltnaturschutzunion IUCN ausgedehnte ursprüngliche oder nur leicht veränderte Gebiete, die ihren natürlichen Charakter bewahrt haben und in denen keine ständigen menschlichen Siedlungen existieren. Nicht einmal mehr zwei Prozent der Bundesfläche waren 2013 frei von Straßen, Siedlungen und anderen Infrastruktureinrichtungen. Das hat eine aktuelle Analyse des WWF Österreich und des Instituts für Soziale Ökologie der Alpen Adria Universität ergeben. Durch Renaturierungsmaßnahmen könnten diese Flächen auf etwa sechs Prozent gesteigert werden. Dazu gibt es derzeit in einigen Nationalparks die Bemühungen Teile ihrer Kernzone entsprechend der österreichischen Nationalparkstrategie wieder verwildern zu lassen. Der WWF versichert, dass das Potenzial viel höher ist. Leider wächst der Druck auf die noch relativ wenig genutzten Gebiete durch geplante Infrastruktureinrichtungen, wie durch Kraftwerke im Kaunertal, an der Isel und der Schwarzen Sulm und durch Intensivierungsmaßnamen von Land- und Forstwirtschaft. Auch die Jagd beeinflusst natürliche Prozesse, die in Wildnisgebieten frei von menschlichem Einfluss ablaufen sollten.
Der WWF setzt sich dafür ein, dass diese letzten Naturräume in Österreich bewahrt und wieder renaturiert werden. Bereits 2012 hat sich der WWF gemeinsam mit den Österreichischen Bundesforsten im Rahmen der Studie „Wildnis in Österreich?“ mit diesem Thema beschäftigt und dazu auch eine Expertenbefragung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass Wildnisräume in Österreich noch vorhanden sind und vor allem im Alpenraum und an manchen Flüssen das Potenzial für neue Wildnisgebiete gegeben ist. In Österreich bestehen Potenziale für solche Gebiete vor allem im Tiroler Alpenraum, in den Nördlichen Kalkalpen, im Bereich der Zentralalpen bis hinein nach Osttirol und in den Niederösterreichisch-Steirisch-Oberösterreichischen Kalkalpen. „Leider fehlen bisher noch die rechtlichen und finanziellen Lösungen für die Schaffung solcher Wildnisgebiete“, so Zika. Dazu soll Wildnis als Schutzgebietskategorie in Österreich verankert werden mit einem entsprechenden Entschädigungssystem für Landnutzer und Landbesitzer. Gleichzeitig braucht es Lösungen für entsprechende Zonierungen und Managementlösungen.
Der WWF wird zukünftig verstärkt an der Etablierung weiterer Wildnisgebiete arbeiten, denn Wildnisgebiete bieten Rückzugsorte für bestimmte Arten, die auf das Nicht-Eingreifen des Menschen angewiesen sind und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung unserer Biodiversität in Österreich. Sie sind aber auch echte Rückzugsorte und einzigartige Erlebnisräume für Menschen, die Natur unverfälscht auch vor unserer Haustür genießen möchten. Und sie sind Forschungsorte, um zu erkennen wie sich die Natur von allein entwickelt und auf veränderte Lebensbedingungen in Zeiten des Klimawandels reagiert. Diese Erkenntnisse sind auch wirtschaftlich nutzbar, um unsere Land- und Forstwirtschaft an die veränderten Verhältnisse im Zuge der Erderwärmung anzupassen.
Der WWF Österreich, als Mitglied der europaweiten Wildnis-Initiative „Wild Europe“, orientiert sich an dem Vorschlag der Europäischen Wildnis-Definition von mindestens 10.000 Hektar im Endausbaustadium. Denn frei ablaufende Prozesse brauchen Platz, damit auch die großen Beutegreifer, wie Bären, Luchse und Wölfe und die großen Grasfresser, wie Hirsche, Elche oder Wisente wieder überleben und auch wandern können.
Rückfragehinweis:
MMag. Franko Petri, Pressesprecher WWF, Tel. 01-48817-231, Email: franko.petri@wwf.at
Studie „Wildnis in Österreich?“ zum Download unter www.wwf.at/wildnisstudie.
Link zur Wildniskonferenz: www.wild10.org. Interviews mit WWF-Experten sind telefonisch direkt von der Konferenz auf Anfrage möglich.
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Good News: Seltener Bartgeier im Platzertal gesichtet
Heuer wurde eine ganz besondere Entdeckung im Platzertal gemacht: Ein Bartgeier wurde dort gesichtet. Ein so seltenes Tier im Platzertal ist ein weiterer Grund dafür, dass wir das Tal unbedingt schützen müssen!
WWF fordert Ende der Bodenschutz-Blockade durch Gemeindebund und Länder
Seit zwei Jahrzehnten anerkanntes 2,5-Hektar-Ziel wird trotz enormem Flächenfraß angezweifelt – Bundesländer und Gemeindevertreter müssen Blockadehaltung beenden
Nationalfeiertag: WWF fordert Unterschutzstellung der Tiroler Flussheiligtümer
Stopp des veralteten Mega-Ausbauprojekts Kaunertal, anstatt intakte Naturräume in der Klimakrise zu opfern – Flussheiligtümer Gurgler Ache und Venter Ache mitsamt Platzertal unter Schutz stellen
WWF: Neues Abkommen zum internationalen Schutz der Flussdelfine gibt Hoffnung
Tag der Flussdelfine am 24. Oktober – Nationale Schutzmaßnahmen in Asien und Südamerika notwendig – WWF fordert rasche Hilfe gegen Massensterben am Tefé-See im Amazonas
Good News: Mehr Schneeleoparden in Bhutan
Bei einer Erhebung in Bhutan konnten 134 Schneeleoparden gezählt werden. Das ist eine Steigung um 39,5%!
WWF zur Bodenstrategie: Zwei Jahre nach Ankündigung noch immer ausständig
Politische Einigung lässt bis heute auf sich warten – Landwirtschaftsminister muss ambitionierte Strategie vorlegen – Bundesländer und Gemeindevertreter müssen Blockadehaltung beenden
WWF zur Budgetrede: Österreich finanziert Umweltzerstörung in Milliardenhöhe
“Schweres Politikversagen” beim Abbau umweltschädlicher Subventionen – WWF fordert vom Finanzminister einen Reform- und Abbauplan – “Climate Hub” mit Leben erfüllen
70 Unternehmen fordern starkes EU-Lieferkettengesetz
IKEA Österreich, Oekostrom AG, VBV-Vorsorgekasse, Vöslauer und viele andere fordern die Bundesregierung in einem offenen Brief auf, sich für Menschenrechte und Umweltschutz entlang der Lieferkette stark zu machen