Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich bewertet die heute veröffentlichten „Österreichischen Ernährungsempfehlungen“ als „Schritt in die richtige Richtung“, fordert aber konkrete Reformvorschläge vom federführend verantwortlichen Gesundheitsminister.
WWF: Standortgesetz ist Angriff auf Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit
![Österreichisches Parlament (c) Pixabay](https://www.wwf.at/wp-content/uploads/2021/07/5a4b63e0b1bfe.jpg)
Wien, am 6. Dezember 2018. Der WWF Österreich bewertet das geplante „Standort-Entwicklungsgesetz“ als gezielten Angriff auf Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit und fordert daher die ersatzlose Rücknahme der Regierungsvorlage. „Anstatt die Umweltverträglichkeitsprüfung qualitativ zu verbessern, sollen umstrittene Großprojekte einseitig privilegiert werden, was Umweltverschmutzung und Naturzerstörung erleichtern würde. Zentrale Bestimmungen des Entwurfs sind sowohl verfassungsrechtlich höchst problematisch als auch unions- und völkerrechtlich sehr bedenklich“, sagt Hanna Simons, Leiterin Natur- und Umweltschutz, in der WWF-Stellungnahme zur heute endenden Ausschuss-Begutachtung. „Statt eines Freibrief für Betonierer und Husch-Pfusch-Vorhaben braucht es Reformen in den relevanten Materiengesetzen, dazu mehr Sachverständige und vor allem bessere Unterlagen seitens der Projektbetreiber“, zeigt Simons wirksame Alternativen auf.
Nachdem der verpfuschte erste Entwurf glatt durchgefallen ist, enthält der zweite Anlauf eine neue „lex specialis“ samt bürokratischer Parallelstruktur, um bestehende Umweltgesetze auszuhebeln. Unter dem Vorwand ‚Standortrelevanz‘ will die Wirtschaftsministerin das Umweltrecht schrittweise demontieren und die Einbindung von Bevölkerung und Zivilgesellschaft einschränken. „Der Rechtsschutz wird ausgehöhlt, die Stimme der Umwelt geschwächt. Daher sehen wir den fairen Ausgleich aller Interessen gefährdet“, sagt Simons und warnt vor potenziell hohen Folgekosten für Umwelt und Gesellschaft. „Investitionen in die Umweltverträglichkeit werden in Zukunft wohl deutlich geringer ausfallen. Noch mehr unausgegorene und umweltschädliche Projekte, die bisher aus guten Gründen an den geltenden Kriterien gescheitert wären, werden um eine Genehmigung ansuchen.“
Der Entwurf enthält mehrere höchst bedenkliche bzw. potenziell rechtswidrige Bestimmungen. Der Rechtsschutz und das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter werden eingeschränkt, Großprojekte einseitig bevorzugt. Es ist auch nicht nachvollziehbar und zudem demokratiepolitisch bedenklich, dass ein Sondergesetz gerade bei hoch komplexen Großprojekten die Reaktionsfristen für Verfahrensbeteiligte deutlich verkürzt – all dies entgegen der für sonstige UVP-Verfahren geltenden Fristen. Dabei ist eine ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit sowohl unionsrechtlich als auch völkerrechtlich verpflichtend. EU-rechtlich dürfen Rechtsmittelbefugnisse in der UVP nicht ungünstiger ausgestaltet sein als die Möglichkeiten in anderen nationalen Verfahren. Eine Schwächung des Zugangs zu Gerichten ist auch aus völkerrechtlicher Sicht höchst bedenklich. Fazit: Abseits der grundlegenden Problematik ergeben sich durch die potenzielle Rechtswidrigkeit auch massive Rechtunsicherheiten für Projektwerbende, wenn Verfahren später aufgrund von Höchstgerichtsurteilen neu aufgerollt werden müssten.
Die im offiziellen UVP-Bericht enthaltenen Fakten zu Verfahrensdauern widersprechen der tendenziösen Begründung für das Sondergesetz. Tatsächlich werden die meisten Projekte relativ rasch bewilligt, sobald die Antragssteller die erforderlichen Unterlagen korrekt vorgelegt haben. Ursachen für Ausreißer sind sehr oft überlastete Behörden sowie unvollständige bzw. fehlerhafte Unterlagen, die später mühselig verbessert werden müssen. Auch diverse Planänderungen verschleppen immer wieder Verfahren. „Das Standort-Entwicklungsgesetz spricht jedoch keine der bekannten Problemursachen substanziell an und ist daher auch deshalb völlig untauglich“, analysiert WWF-Expertin Simons.
„Wer Planungs- und Genehmigungsabläufe beschleunigen will, muss dafür auch mehr öffentliche Akzeptanz schaffen. Allerdings ist ist die intranspartene Entstehung dieses Gesetzes gerade in dieser Hinsicht ein besonderes Negativbeispiel“, kritisiert Simons. Sowohl die Öffentlichkeit als auch Umweltschutzorganisationen wurden lange im Dunkeln gelassen, kritische Stellungnahmen blieben geheim oder wurden nur in einer weichgespülten Form veröffentlicht. Im Gegensatz dazu waren ausgewählte Konzernchefs früh über alle Details informiert, um mit oberflächlich jubelnden Regierungsmitgliedern und vorgefertigten Überschriften die Meinungsbildung zu drehen. „Ein demokratiepolitisch gefährlicher Kurs, der aber zu einer Politik passt, die lieber Husch-Pfusch-Gesetze inszeniert, anstatt seriös die Ursachen von Problemen zu beheben“, kritisiert Simons.
Abschließend hält der WWF Österreich kritisch fest, dass die Begutachtungsphase für ein derart einschneidendes und gegenüber dem ersten Entwurf komplett verändertes Gesetz viel zu kurz ausgefallen ist. „Damit wird die Mitsprache der Zivilgesellschaft massiv erschwert. Auch das ist demokratiepolitisch bedenklich“, bekräftigt Hanna Simons. Für solch umfassende Novellen ist daher die vom Bundeskanzleramt empfohlene Frist von zumindest sechs Wochen einzuhalten.
Rückfragehinweis:
WWF Österreich
Gerhard Auer
Pressesprecher
+43 676 83488 231
gerhard.auer@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF birgt tonnenweise tödliche Geisternetze aus dem Mittelmeer
Lokalaugenschein zeigt enorme Plastikverschmutzung im Mittelmeer – WWF entfernt bei Taucheinsätzen in Kroatien tonnenweise alte Fischereiausrüstung – Meeresschutzgebiet gefordert
WWF schlägt Alarm: Rekordbrände bedrohen Brasiliens artenreichste Lebensräume
Erstes Halbjahr 2024: meiste Brände seit Jahrzehnten – Pantanal-Feuchtgebiet, Cerrado-Savanne und Amazonas-Regenwald stehen in Flammen – Lebensraum seltener Arten wie Jaguar, Gürteltier und Tapir bedroht
Neue Umfrage: 72 Prozent für verbindliche Obergrenze beim Bodenverbrauch
Market-Studie für den WWF: Jeweils knapp drei Viertel der Bevölkerung wollen verbindliche Limits sowie Maßnahmenpaket gegen Bodenversiegelung im neuen Regierungsprogramm
WWF: Drohende Ausbeutung der Tiefsee gefährdet Arten und Lebensräume
Umweltschutzorganisation fordert Stopp-Taste für Tiefsee-Bergbau – Internationale Meeresbodenbehörde tagt ab 15. Juli – WWF fordert Moratorium
WWF: Europäischer Gerichtshof stärkt den Artenschutz gegen österreichische Praxis
WWF und ÖKOBÜRO begrüßen wegweisendes Urteil zur Auslegung der FFH-Richtlinie bei Wolfsabschüssen – Rechtskonformes Wolfs-Management in Österreich gefordert
WWF fordert Notbremse: Tiwag-Konzern hält vor Gericht an Ötztal-Wasserableitungen fest
Naturschutzorganisation fordert Eingreifen des Landeshauptmanns – Tiwag will trotz negativer Volksbefragung langfristig weiter Wasser aus dem Ötztal ableiten
Gewinne das „Malbuch – vom Aussterben bedrohte Tiere“ (Ursula Wejwoda)
So nimmst du am Gewinnspiel teil: Zeichne dein Lieblingstier und schick uns bis 16. August 2024 ein Foto von deiner Zeichnung mit dem Betreff "Gewinnspiel Malbuch" an...
WWF-Bodenreport 2024: Wertvoller Boden verschwindet unter Beton
Der WWF hat einen neuen Bodenreport veröffentlicht! Das heißt: Er hat sich angesehen, wie es dem Boden in Österreich geht. Denn schon lange gibt es das Problem, dass natürliche...