Naturschutzorganisation anlässlich Bund-Länder-Gipfel in Niederösterreich: Renaturierung konstruktiv vorantreiben und finanzieren, Schutzgebiete stärken und ausbauen
WWF und Naturschutzlandesrat Holub: Österreichs größte Natur-Rückholaktion durch Isel-Kraftwerk gefährdet

Innsbruck, Klagenfurt, 22. Mai 2014 – Das LIFE Projekt „Lebensader Obere Drau“ ist das europäische Vorzeigeprojekt für Flussrevitalisierung und das größte Naturschutzvorhaben des Landes Kärnten. In seiner Tagung vom 20. – 21. Mai in Spittal an der Drau hat das österreichische Ramsar-Komitee die Obere Drau offiziell in den Katalog der Feuchtgebiete von weltweiter Bedeutung aufgenommen. Mit auf der Tagesordnung: das geplante Kraftwerk Obere Isel und sein befürchteter negativer Einfluss auf das Ökosystem der Drau.
Damit wird immer deutlicher, dass ein Ausleitungskraftwerk an der Isel in Osttirol dieses mehrfach prämierte, und nun zum Ramsar-Gebiet ernannte Europaschutzgebiet, in Mitleidenschaft ziehen würde. Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan Kärntens beantragte Parteistellung im UVP-Verfahren; der Grüne Umweltlandesrat Rolf Holub dazu: „Es wurden in den letzten 20 Jahren mehr als zwölf Millionen Euro in Revitalisierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Gewässerzustandes an der Oberen Drau von der Landesgrenze bis zur Stauwurzel des Kraftwerkes Paternion investiert. Ziel dieser Maßnahmen war unter anderem die Aufwertung und Verbesserung der gewässerbezogenen Lebensräume, um einem möglichen Artenverlust entgegenzuwirken. Die Isel ist ein wesentlicher Zubringer und ein wichtiger Lieferant von Sedimenten zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichtes der Drau. Aus der Sicht Kärntens ist daher zu befürchten, dass durch die Errichtung eines Kraftwerkes an der Isel eine Beeinträchtigung der Sedimentversorgung eintritt und die getätigten Maßnahmen an der Drau konterkariert werden.“
“Der Entzug von Geschiebe hat viel weitreichendere Folgen auf die Obere Drau als bisher angenommen“, erklärt Holub „Wir werden nicht zulassen, dass Eingriffe flussaufwärts international ausgezeichnete Verbesserungen flussabwärts zunichte machen!“
Holub sieht sich mit seinen Bedenken auf einer Linie mit der Tiroler Landesregierung und dem Tiroler Umweltanwalt. Diese haben sich bereits im März kritisch zum Kraftwerksvorhaben der Planungsfirma Infra mit den Osttiroler Gemeinden Virgen und Prägraten geäußert. Naturschutzprofessor Georg Grabherr, sowie 25 führende österreichische Wissenschaftler schickten im Dezember 2013 einen Brief nach Brüssel, in dem auf die Bedrohung der Isel durch die Kraftwerkspläne hingewiesen wurde.
Gebhard Tschavoll vom WWF stößt in dasselbe Horn: „Derzeit bringt die Isel als wichtigster Zufluss der Drau auch ein Viertel ihres Geschiebes. Durch die geplante Ausleitung wäre der Geschiebestrom unterbrochen. Der Verlust könnte dazu führen, dass mühevoll geschaffene Lebensräume für bedrohte Arten wie Flussuferläufer, Flussregenpfeifer oder Huchen wieder verschwinden“. Das Natura 2000 Europaschutzgebiet „Obere Drau“, an dessen Entstehung auch der WWF beteiligt war, umfasst einen der letzten frei fließenden Flussabschnitte der Drau mit dem größten inneralpinen Grauerlen-Auwald Österreichs. Wie an der Isel in Osttirol, beheimatet auch die Ufervegetation der Drau die vom Aussterben bedrohte Strauchart Deutsche Tamariske, zu deren Schutz die EU Natura 2000 Gebiete vorschreibt.
Im Rahmen des Life Projekts Obere Drau hat das Land Kärnten gemeinsam mit dem Lebensministerium und zahlreichen Partnern, Hochwassersicherheit und Ökologie auf bestmögliche Weise mit der Schaffung von Erholungsraum für die Bevölkerung verbunden. Allein seit 1999 wurden dort fünf Kilometer Ufersaum wieder in den ursprünglichen Naturzustand rückgeführt, zehn Augewässer und 25 Hektar Aufwald neu geschaffen. „Wie das Vorzeigeprojekt an der Oberen Drau bewiesen hat, sollten auch an der Isel andere Impulse für die regionale Wirtschaft und Entwicklung gesetzt werden als ein Kraftwerk, dass den Fluss unwiederbringlich zerstört“, so Tschavoll vom WWF abschließend.
In Österreich sind mit der Oberen Drau 21 Gebiete nach dem Ramsarabkommen – einem internationalen Vertragswerk zum Schutz von Feuchtgebieten von internationaler Bedeutung – ausgewiesen.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01 488 17 – 250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Fabian Rauber, Pressesprecher LR Rolf Holub, Tel.: 050 536 22607, E-Mail: fabian.rauber@ktn.gv.at
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