Wichtiges Signal gegen Länder-Blockade – Naturschutzorganisation fordert Schulterschluss für wegweisendes Gesetz – Finanzierung der Maßnahmen möglich, zusätzliche EU-Mittel abrufbar
WWF: Zerstörung des Platzertals durch Tiwag sinnlos
Eine neue Studie des Tiroler Energieexperten Jürgen Neubarth im Auftrag des WWF Österreich zeigt eine naturverträgliche Standortalternative zum geplanten Pumpspeicher im Platzertal: „Die Tiwag kann Pumpspeicher ohne zusätzliche Naturzerstörung bauen – und zwar in ihrer eigenen Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz”, sagt Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek vom WWF Österreich. „Das Megaprojekt Kaunertal ist ein Planungsfossil, mit dem die Tiwag das unberührte Platzertal samt seiner Moor- und Feuchtgebiete sinnlos für immer zerstören würde. Es gibt Alternativen – wir fordern, dass die Tiwag diese auch wahrnimmt.”
Die Alternativprojekte wurden in der Studie auch bezüglich ihrer möglichen Leistungen verglichen, so Studienautor Jürgen Neubarth. „Die Tiwag könnte grundsätzlich weitere Pumpspeicherkraftwerke zwischen den bestehenden Speicherseen Finstertal, Längental und dem in Bau befindlichen Speicher Kühtai errichten. So könnte man auf den geplanten Pumpspeicher im Platzertal verzichten und hat trotzdem zusätzliche Flexibilität in Tirol für den Ausgleich der Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik”, sagt Energieexperte und Studienautor Jürgen Neubarth. Um naturverträglich zu sein, müssen laut WWF neue Pumpspeicher zwischen bereits bestehenden Standorten gebaut werden – denn nur so werden keine weiteren Hochtäler zerstört. Die Umwelt- und Naturschutzorganisation fordert von der Landespolitik die detaillierte Prüfung der aufgezeigten Alternativen, den sofortigen Stopp des Ausbauprojekts Kaunertal sowie den Schutz des Platzertals als Teil der Ötztaler Alpen vor jeglicher Verbauung. Pumpspeicherkraftwerke dürfen nur mehr dort gebaut werden, wo bereits zwei Speicherseen vorhanden sind – wie das von anderen österreichischen Energieversorgern bei aktuellen Pumpspeicherprojekten auch umgesetzt wird.
„Die letzten unberührten Tiroler Hochtäler sind Naturschätze, die der Bevölkerung gehören. Mit dem Festhalten am Ausbau Kaunertal treibt die Tiwag die unnötige Zerstörung des Platzertals sehenden Auges voran. Dabei zeichnet sich auch immer klarer ab, dass die Planungen qualitativ mangelhaft und nicht verbesserungsfähig sind. Wir fordern den zuständigen Tiwag-Vorstand Alexander Speckle auf, endlich Vernunft walten zu lassen und naturverträgliche Alternativen anzugehen“, sagt Bettina Urbanek.
Die Hintergründe
- Die Alternative betrifft nur die Errichtung des Pumpspeichers. Für die geplanten Überleitungen aus dem Ötztal müssten Alternativen aus Sonne, Windkraft, Speichern und Netzausbau realisiert werden.
- Für den von der Tiwag geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal würde das einzigartige Platzertal in den Ötztaler Alpen hinter einem 120 Meter hohen und 450 Meter breiten Staudamm versinken. Mit seiner hochalpinen Moorlandschaft ist das Platzertal die Heimat vieler geschützter Tier- und Pflanzenarten wie etwa Alpenschneehuhn, Almrose und Bartgeier. Auch zählen intakte Moore zu den wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen die Erderhitzung.
- Der von der Tiwag geplante neue Pumpspeicher des Mega-Ausbauprojekts Kaunertal würde Wasser zwischen dem bestehenden Gepatschspeicher im Kaunertal und einem neuen Speicher im Platzertal hin- und herpumpen und damit flexibel Strom speichern.
- Mit einer Ausbauleistung von rund 130 Megawatt ist das aktuell in Bau befindliche Pumpspeicherkraftwerk Kühtai II nicht nur eines der kleinsten Pumpspeicherprojekte Österreichs der vergangenen Jahre, sondern im Verhältnis zu den beiden Speichern mit Volumina von 31 Millionen m3 (Kühtai) bzw. 60 Millionen m3 (Finstertal) auch sehr klein dimensioniert – bietet also noch Potenzial für einen Ausbau, ohne neue Hochtäler fluten zu müssen.
- Zusätzliche Pumpspeicherkraftwerke zwischen den bestehenden Speichern Längental und Finstertal und zwischen dem gerade in Bau befindlichen Speicher Kühtai hätten eine Nennleistung im Turbinen- und Pumpbetrieb von jeweils rund 200 Megawatt und könnten so grundsätzlich das geplante Pumpspeicherkraftwerk Versetz mit dem Speicher Platzertal leistungsmäßig ersetzen – und damit trotzdem die im energiewirtschaftlichen Gesamtsystem zusätzlich benötigte Flexibilität in vollem Umfang bereitstellen.
- Beispiele für eine solche Leistungserhöhung bestehender Kraftwerksgruppen in Österreich sind etwa die Kraftwerke Limberg II und III, Tauernmoos und Obervermuntwerk II sowie das Projekt Lünerseewerk II – alle wurden bzw. werden ohne zusätzliche Naturzerstörung errichtet.
Die neue Studie von Energieexperte Jürgen Neubarth gibt es hier.
Fotos von Platzertal, Gepatschspeicher und Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz gibt es hier.
News
Aktuelle Beiträge
WWF: Vier Seeadler besendert – Population im Aufwind
70 Seeadler-Brutpaare in Österreich – Besenderungen in Niederösterreich und Burgenland liefern wichtige Erkenntnisse für Schutz des österreichischen Wappentiers – Illegale Verfolgung ist größte Bedrohung für heimische Population
Hunde-Spaziergang am Inn: Wie man Vogel-Nachwuchs schützen kann
An den Kiesbänken des Inns brüten derzeit wieder seltene Vogelarten. Doch Hundebesitzer:innen und ihre freilaufenden Hunde können den Nachwuchs unwissentlich gefährden.
WWF und BirdLife appellieren zu Rücksichtnahme an den Brutplätzen am Inn
Seltene Vögel brüten an den Kiesbänken des Inns – WWF und BirdLife ersuchen um Rücksichtnahme an beschilderten Brutplätzen – Länderübergreifendes Projekt INNsieme connect schützt Artenvielfalt am Inn
WWF: Dotierung der Oberen Lobau ist nur Tropfen auf heißen Stein
Neue Wasserzuleitung fällt zu gering aus und stoppt Austrocknung der Unteren Lobau nicht – WWF fordert Rettung des Naturjuwels – Wiener Stadtregierung massiv gefordert
WWF warnt: Millionen getötete Jungfische durch Wasserkraft am Inn
Lokalaugenschein: Schwall-Belastung tötet Jungfische und Fischlarven am Inn – WWF und Tiroler Fischereiverband fordern umfassende Sanierung der Schwall-Belastung durch Tiwag und Verbund in Tirol
ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT – Umweltfonds jetzt auch in Deutschland verfügbar
Mit dem ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT ermöglicht die Erste Asset Management nun auch Anleger:innen in Deutschland, in globale Unternehmen zu investieren, deren Produkte und Dienstleistungen bestimmten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Vor allem die Themenfelder Erneuerbare Energien und Energieeffizienz, Recycling und Abfallwirtschaft, Wasseraufbereitung und –versorgung sowie nachhaltige Mobilität werden in der Strategie des Fonds berücksichtigt. In Österreich gehen der WWF und die Erste AM bereits seit 17 Jahren einen gemeinsamen Weg. Seit 2006 erreicht der Fonds eine überzeugende Performance und bietet interessante Wachstumschancen – sowohl in finanzieller als auch in ökologischer Hinsicht. Anleger:innen sollten dabei aber stets die Risiken beachten, die Investments in Wertpapiere beinhalten.
WWF: Neue Umfrage zeigt Kaunertal-Absage und Reformbedarf der TIWAG
Geplanter Ausbau Kraftwerk Kaunertal ist schon für Hälfte der Bevölkerung nicht akzeptabel – Zwei Drittel für alternativen Standort bei naturverträglichen Alternativen – 80 Prozent fordern Reformen bei TIWAG
Good News: Griechenland verbietet Fischerei mit Grundschleppnetzen
Als erstes Land in der EU verbietet Griechenland die zerstörerische Fischerei-Methode ab 2030 in allen Meeresschutzgebieten.