„Rütlischwur“ der Umweltorganisationen gegen Kraftwerk Kaunertal

27. März 2012 | Kaunertal, Presse-Aussendung

Wien, 27. März 2012 – Eine 120 Meter hohe und 450 Meter breite Staumauer für 42 Millionen Liter Wasser, 50 Kilometer lange Druckstollen mit dem Durchmesser des Brennerbasistunnels, und die ökologische Zerstörung von vier unberührten Hochgebirgsbächen – dieses Szenario droht alpinen Wildnislandschaften im Tiroler Oberland, wenn die TIWAG (Tiroler Wasserkraft AG) ihre Pläne für den […]
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Wien, 27. März 2012 – Eine 120 Meter hohe und 450 Meter breite Staumauer für 42 Millionen Liter Wasser, 50 Kilometer lange Druckstollen mit dem Durchmesser des Brennerbasistunnels, und die ökologische Zerstörung von vier unberührten Hochgebirgsbächen – dieses Szenario droht alpinen Wildnislandschaften im Tiroler Oberland, wenn die TIWAG (Tiroler Wasserkraft AG) ihre Pläne für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal verwirklichen darf. Die Projektwerberin will dieses und vier weitere Großkraftwerke durchsetzen und bedient sich dabei rechtlich zweifelhafter Mittel, beklagen Greenpeace, WWF, GLOBAL 2000 und Ökobüro. Besonders auf das Projekt Kaunertal reagieren die Umweltorganisationen mit scharfer Kritik, weil seine Verwirklichung einem ökologischen Desaster gleichkäme. Sie forderten heute in einer gemeinsamen Erklärung ein entschiedenes Nein des Umweltministers zu den TIWAG-Plänen ein und hielten unmissverständlich fest: „Umweltminister Nikolaus Berlakovich darf dieses Kraftwerk nicht genehmigen. Wir sind nicht generell gegen Wasserkraft, vielmehr befürworten wir den Ausbau der Erneuerbaren Energieträger. Das Kaunertal-Kraftwerk bedroht jedoch das Natura 2000-Gebiet Ötztaler Alpen, den Naturpark Ötztal und das einzigartige Platzertal und ist somit nicht zu verantworten.“

Ausbaupläne der TIWAG sind ernsthafte Bedrohung der Tiroler Natur
Für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal südlich von Landeck sollen vier Wildflüsse und -bäche über Rohr- und Stollensysteme in einen bestehenden Speicher umgeleitet, sowie ein riesiger neuer Speichersee im Platzertal errichtet werden. Die Tunnelsysteme würden das Natura 2000-Gebiet Ötztaler Alpen und den Naturpark Ötztal bedrohen. Das Platzertal auf 2.300 Metern Seehöhe, ist aus ökologischer Sicht als neuer Speicherstandort völlig ungeeignet. Das von menschlichen Eingriffen fast unberührte Platzertal, zählt zu den bedrohtesten Lebensräumen im gesamten Alpenraum und muss deshalb erhalten bleiben. „Die geplanten Eingriffe sind mit dem Schutzziel dieser hochalpinen Gebiete absolut unvereinbar!“, sagt WWF-Geschäftsführerin Hildegard Aichberger. „Keine Ausgleichsmaßnahmen der Welt können die Zerstörung solcher Lebensräume legitimieren.“

TIWAG bedient sich rechtlich zweifelhafter Mittel
Der Kaunertal-Ausbau ist Teil eines umfassenden Plans der TIWAG, in Tirol fünf neue Großkraftwerke zu errichten bzw. auszubauen.  Der entsprechende „Wasserwirtschaftliche Rahmenplan“ wurde bereits im Dezember 2011 beim Umweltminister zur Genehmigung eingereicht. Es ist aber laut Umweltjurist und ÖKOBÜRO-Geschäftsführer Thomas Alge rechtlich gesehen nicht möglich, dass ein solcher Plan von einem Energieversorger eingereicht wird. Das darf in Tirol ausschließlich Landeshauptmann Günther Platter im Zuge eines Wasserwirtschaftlichen Regionalprogramms. Der eingereichte Wasserwirtschaftsplan hingegen darf laut Gesetz nur auf den Schutz und die Sanierung von Flüssen abzielen, nicht aber auf deren energiewirtschaftliche Nutzung. „Die TIWAG will offenbar unter dem Deckmantel eines Schutzplanes konkrete Nutzungsinteressen durchsetzen“, stellt Alge fest. „Natürlich verfolgt sie dabei keinesfalls ‚gewässerschonende Intentionen’, wie dies im Wasserrecht für die Einreichung solcher Pläne gefordert wird.“

Kraftwerk Kaunertal ist Elchtest für den Umweltminister
Greenpeace kritisiert neben der dubiosen Praxis der TIWAG vor allem die Vorgehensweise des Umweltministers. "Nikolaus Berlakovich hätte diesen TIWAG-Plan, der klar gegen das Wasserrecht verstößt, sofort zurückweisen müssen“, meint Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. „Der Umweltminister steht kurz davor als Rechtsbrecher dazustehen, sollte er dem von der TIWAG als Gewässerschutzplan getarnten Ausbauplan von fünf Kraftwerken zustimmen. Wenn er den Rahmenplan unterschreibt, gilt er im Sinne des ‚Öffentlichen Interesses’ als verordnet – und das lange, bevor die Umweltverträglichkeitsprüfung entschieden ist“, erklärt Egit. Greenpeace sieht den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal als Elchtest für den Umweltminister. „Wir fordern Nikolaus Berlakovich auf, den Skandalplan der TIWAG nicht zu genehmigen. Aus diesem Grund unterzeichnen wir heute die gemeinsame Kaunertal-Erklärung. Diese sehen wir als Rütlischwur für den Naturschutz“, schließt Egit.

Erneuerbare Ja, aber nicht um jeden Preis
Die Unterzeichner der Kaunertal-Erklärung begrüßen den Ausbau der Erneuerbaren, fordern jedoch eine brauchbare strategische Planung für ganz Österreich ein, um sowohl das Bedürfnis der Bevölkerung nach Energie, als auch das Recht auf eine intakte Umwelt zu gewährleisten. „Ein Umdenken im Rahmen der Energiestrategie greift zu kurz, wenn es die sozialen und ökologischen Aspekte ausblendet!“, unterstreicht GLOBAL 2000-Geschäftsführer Klaus Kastenhofer und erklärt weiter: „CO2-arme Stromerzeugung ist von hoher Bedeutung – dieses Projekt geht jedoch einfach zu weit! Ich möchte nicht, dass über das Kraftwerk Kaunertal Energieerzeugung und Umweltschutz auf dem Rücken der Bevölkerung gegeneinander ausgespielt werden!“ Wie Studien des WWF zeigen, gibt es in Österreich noch ausreichend Ausbaupotential für die Wasserkraft ohne derart schwere Eingriffe in unser Naturerbe.

Hintergrundinfos, Grafiken und Fotos: www.wwf.at/kaunertal-erklaerung, www.oekomasterplan.at

Rückfragehinweis:

Claudia Mohl, Pressesprecherin WWF Österreich, Tel. 01-48817-250,
E-Mail: claudia.mohl@wwf.at

Melanie Beran, Pressesprecherin Greenpeace, Tel: 01/5454580-39, E-Mail: melanie.beran@greenpeace.at

Nunu Kaller, Pressesprecherin GLOBAL 2000, Tel. 01/812 57 30 – 20, E-Mail: nunu.kaller@global2000.at

Thomas Alge, Geschäftsführer ÖKOBÜRO, Tel. 01/524 93 77, E-Mail: thomas.alge@oekobuero.at

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