Europaweite Analyse durch mehrere Umweltverbände: Österreich landet in der Kategorie der Länder mit geringen Fortschritten – Mehr Ambition und Budgetsicherheit für Renaturierung gefordert
Vergiftungsfall im NÖ Weinviertel geahndet: Erstmals Jagdaufseher wegen Verletzung der Aufsichtspflicht verurteilt
Presseaussendung
Wien, am 19. Oktober 2018 – Mehr als 35 tote Tiere sowie illegal aufgestellte Fallen mit teilweise qualvoll verhungerten Tieren: So lautet die Bilanz des bisher größten Vergiftungsfalls Österreichs. Nach diesen grausigen Funden im Frühjahr 2016 in Windisch-Baumgarten im Bezirk Gänserndorf wurde gegen die beiden damals revierzuständigen Jagdaufseher Anklage erhoben. Nun liegt das endgültige Urteil vor: Die Männer wurden wegen Verletzung der Jagdaufsicht schuldig gesprochen, ihnen wurde die Jagdaufsicht entzogen. Darüber hinaus erhielten die Verurteilten eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 beziehungsweise 1.000 Euro.
Für WWF und BirdLife Österreich schien ausgeschlossen, dass eine Straftat mit einer derartigen Dimension völlig unbemerkt geschehen kann. Dass auch das Gericht davon ausgeht, dass die Jagdaufseher ihre Aufsichtspflicht nicht erfüllt haben, werten die beiden Umweltschutzverbände als positives Signal. Für Christina Wolf-Petre vom WWF könnte das Urteil sogar ein entscheidender Durchbruch im jahrelangen Kampf gegen den Einsatz des verbotenen Gifts Carbofuran sein: „Wenn es in Zukunft gelingt, durch engere Zusammenarbeit auch die erforderlichen Beweismittel zu sichern, könnte endlich auch die Spur bis zum Giftleger zurückverfolgt werden.“
In der Urteilsbegründung verwies der Richter darauf, dass die Missstände nur deshalb nicht aufgefallen waren, weil die Jagdaufsicht so mangelhaft geführt wurde. Der Vergiftungstäter selbst konnte nicht ausgeforscht werden, da die Beweismittel nicht ausreichten. Sylvia Scherhaufer, Generalsekretärin des Landesjagdverbands Niederösterreich, appelliert an die Jagdaufseher, ihre Aufsichtspflicht ernst zu nehmen und keine schwarzen Schafe in den eigenen Reihen zu dulden. „Gifteinsatz in der Jagd ist ein offener Rechtsbruch, widerspricht der Weidgerechtigkeit und schadet dem Ruf der Jägerschaft. Wir erwarten uns von allen Jagdaufsehern, dass sie bei illegalen Aktionen in ihren Revieren hart durchgreifen und mit der Polizei zusammenarbeiten. Wir haben großes Interesse daran, dass solchen Menschen das Handwerk gelegt wird“, unterstreicht Scherhaufer.
Giftverdachtsmeldungen werden bereits jetzt zu einem großen Teil durch die Jägerschaft gemacht. Der WWF und der Niederösterreichische Landesjagdverband betreiben zudem seit 2003 die Aktion „Vorsicht – Gift“. Im Rahmen dieser Kooperation wird Aufklärungsarbeit betrieben und eine Gifthotline zur Meldung von Verdachtsfällen zur Verfügung gestellt.
Auch Matthias Schmidt von der Vogelschutzorganisation BirdLife begrüßt, dass erstmals in Österreich bei einem Greifvogelverfolgungsfall die Jagdaufsicht zur Verantwortung gezogen wird. „Wir erhoffen uns dadurch eine Verbesserung der dringend nötigen Kontrollfunktion und letztendlich eine Reduktion der Greifvogelverfolgung. Diese stellt traurigerweise nach wie vor die Hauptbedrohung für viele heimische Greifvögel dar. Es wird Zeit, dass durch funktionierende Kontrollsysteme dem Vergiften ein Ende gesetzt wird!“
Österreichs größtes Gift-Attentat in Windisch-Baumgarten
Die Weinviertler Gemeinde Windisch-Baumgarten bei Zistersdorf gelangte im Juni 2016 nicht nur in Naturschutzkreisen zu trauriger Berühmtheit: Der bisher größte Giftfall mit Carbofuran in Österreich mit Dutzenden vergifteten Tieren, darunter ein Hund, mehrere Katzen, Füchse, Marder und eine Reihe unterschiedlicher Greifvögel einschließlich seltener Arten wie Rotmilan und Seeadler, wurde dort entdeckt.
Das Pestizid Carbofuran ist EU-weit verboten, aber offenbar weiterhin im Umlauf, wie zahlreiche Giftfälle in den letzten Jahren beweisen. Bei Missbrauch verursacht es fürchterliche Schmerzen und schließlich einen langsamen, extrem qualvollen Tod. „Carbofuran ist auch für Menschen tödlich und wirkt sogar beim Einatmen toxisch, etwa wenn ein Hund daran schnuppert. Deshalb ist der illegale Einsatz des Giftes nicht nur ein Umweltproblem, sondern kommt einer Gemeingefährdung gleich“, erklärt WWF-Biologin Wolf-Petre.
Die Jägerschaft und wachsame Spaziergänger sind zur Mithilfe gegen Giftleger aufgefordert, tote oder verletzte Tiere – meist handelt es sich um Greifvögel – zu melden. Dazu stehen die Meldeplattform www.kaiseradler.at und die APP birdcrime zur Verfügung. Verdachtsfälle können auch telefonisch unter 0660/869 23 27 oder bei der Gifthotline des WWF und des Niederösterreichischen Landesjagdverband unter 0664/925 50 70 bekannt gegeben werden.
Im Rahmen des internationalen pannonEagle LIFE Projekts (LIFE15/NAT/HU/000902) setzen BirdLife Österreich und der WWF einen Schwerpunkt zur Bekämpfung der illegalen Greifvogelverfolgung. Finanziell unterstützt wird das EU-geförderte Projekt dabei vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/48817-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
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