Nur maximal 35 Individuen in ganz Österreich – Lebensraumzerschneidung isoliert Bestände – WWF fordert bessere Raumplanung und Bekämpfung der Wildtierkriminalität
Vierbeinige Landschaftsarchitekten sorgen für Arten-Hotspot

Seit 2015 lebt eine Herde halbwilder Konik-Pferde im WWF-Auenreservat in Marchegg in Niederösterreich. Die Folgen ihrer Anwesenheit auf das Ökosystem des Reservates wurden nun in einem neuen Bericht untersucht und fallen ausgesprochen positiv aus: “Die Koniks lösen eine regelrechte Kaskade der Artenvielfalt aus”, erklärt Jurrien Westerhof, beim WWF Österreich für das Reservat zuständig. “Sie hinterlassen ein kleinräumiges Mosaik von zahlreichen Strukturen, die es ohne Beweidung nicht gäbe, wie etwa kniehohe Kräuter, kurze Rasen, überstehende Stauden und verbissene Sträucher, aber auch Trittspuren, Suhlen und Dunghaufen.” Dadurch entstehen vielfältige Mikrohabitate für Pflanzen und Insekten, die ihrerseits die Nahrungsgrundlage für viele andere Tierarten bilden.
Bei einer Untersuchung dieser besonderen Lebensräume und entsprechender Vergleichsflächen konnten insgesamt 147 Pflanzen- und Tierarten nachgewiesen werden. 49 davon kamen ausschließlich auf den Sonderstrukturen vor, die durch die Konik-Pferde entstehen – vor allem auf Dung (19 Arten) und Trittspuren (18 Arten). “In diesen ‘Mikro-Lebensräumen’ leben zwar weniger Arten als auf anderen Flächen, doch dafür kommen viele Spezies ausschließlich hier vor”, erklärt Westerhof. “Das erhöht die Artenzahl der naturnah beweideten Fläche insgesamt beträchtlich. Außerdem findet man auf den Sonderstrukturen häufiger gefährdete Arten, die ohne Beweidung sehr wahrscheinlich gänzlich fehlen würden.” Von der Anwesenheit großer Pflanzenfresser profitieren darüber hinaus auch Vogelarten wie etwa der Weißstorch: So brachte das Jahr 2022 mit 2,77 ausgeflogenen Jungvögeln pro Storchenpaar einen neuen Brutrekord.
Neben ihrer positiven Auswirkung auf die Biodiversität könnten die Konik-Pferde auch dabei helfen, Fragen rund um die Verjüngung der Eichen zu lösen. “Bis heute ist nicht abschließend geklärt, warum die Eiche in vielen Waldgebieten Europas nur sehr schwer nachwächst”, erklärt Westerhof. Eine prominente Theorie lautet, dass große Pflanzenfresser im Lebenskreislauf der Eichen eine essentielle Rolle spielen: “Jahrtausendelang sorgten ‘Großherbivoren’ wie Wildpferde, Auerochsen und Wisente für lichte Wälder und sanfte Übergänge zwischen Wäldern und offenen Flächen, indem sie dort Pflanzen wie Rosen und Schlehen stehen ließen”, erklärt Jurrien Westerhof. “Die bieten mit ihren Stacheln und Dornen perfekte Kinderstuben, die junge Eichen vor dem Verbiss durch Wildtiere schützen.” Die Einführung der modernen Forstwirtschaft vor rund 200 Jahren vertrieb die großen Pflanzenfresser aus den Wäldern und sorgte für lichtarme, geschlossene Waldbestände und einen meist härteren Übergang zwischen Wald und Offenland. “Seither ist der Lebenszyklus der Eichen vielerorts durchbrochen”, sagt Westerhof. “Allerdings konnten wir in den letzten Jahren beobachten, dass am Rand der Weideflächen der Koniks mehr als doppelt so viele Jungeichen wachsen wie entlang von unbeweideten Vergleichsflächen. Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist – das zeigt doch die positiven Auswirkungen der Beweidung auf die Jungeichenpopulation.”
Den vollständigen Bericht und Fotos finden Sie hier.
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