WWF und Ökonomin Sigrid Stagl zeigen Chancen, Lücken und Widersprüche im neuen Koalitionspakt – Mehr Priorität für verbindlichen Klima- und Naturschutz gefordert
WWF: Zeugnisverteilung für den Natur- und Artenschutz in Europa

Presseaussendung
Innsbruck, 7. Juli 2015 – In den östlichen Bundesländern sind die Zeugnisse bereits verteilt, in Tirol starten die Schüler Ende der Woche in die Großen Ferien, kurzum: Der Sommer kann beginnen, und er belohnt viele gestresste Menschen mit Entschleunigung im Grünen. Doch unberührte Natur ist ein rares Gut geworden, und sie könnte künftig noch schlechtere Karten haben: Die derzeit weltbeste Naturschutzgesetzgebung innerhalb der 28 EU-Länder, wird derzeit einer Zwischenprüfung, einem so genannten „Fitness-Check“ unterzogen. In einem Online-Tool fragt die EU-Kommission die Bürger Europas bis 24. 7. 2015 um ihre Meinung dazu. Dazu Christian Pichler vom WWF: „Sollten die Noten schlecht ausfallen, befürchten wir, dass künftig auch in Österreich Schutzgebiete für den Bau von Großkraftwerken oder Schipisten geopfert werden.“ Er ruft alle Tirolerinnen und Tiroler auf, unter www.wwf.at/natura2000 zur Rettung unserer Naturschätze beizutragen. Auch Landesrätin Ingrid Felipe, die mit der Natura-2000-Nominierung der Isel bereits einen wichtigen Schritt für den Naturschutz in Tirol gesetzt hat, ist eingeladen, ihr persönliches Voting für die Natur abzugeben.
Das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000, hat sich in den letzten Jahrzehnten als das Rückgrat des Natur- und Artenschutzes in Europa erwiesen. „Gäbe es kein EU-Naturschutzrecht, wären Lech und Schwemm niemals geschützt worden und unser Wappentier, der Seeadler, bereits ausgestorben“, stellt Pichler fest. Europas Natura-2000 Gebiete bedecken etwa ein Fünftel der Fläche der EU und tragen entscheidend dazu bei, die natürlichen Lebensräume des Kontinents länderübergreifend zu sichern.
Natura 2000 ermöglicht die sanfte Nutzung unserer Naturschätze
Österreich besitzt derzeit rund 239 Natura 2000 – Gebiete, die knapp 15 Prozent der Bundesfläche einnehmen. Wertvolle Naturgebiete wie der Bisamberg und Lainzer Tiergarten, Flusstäler wie das Kamptal oder die Wachau, Gebirge wie die Kalkalpen oder das Karwendel, und Flüsse wie Lech, Sulm oder Isel, gehören dazu. Sie sichern in Tirol ehemals vom Aussterben bedrohten Arten wie der Deutschen Tamariske, dem Steinadler, verschiedenen Libellen- und Amphibienarten oder seltenen Fledermausarten wie dem Großen Mausohr das Überleben. Die Natura 2000-Gebiete dürfen genutzt werden, der Zustand der bedrohten Arten und Lebensräume darf sich durch die Nutzung aber nicht verschlechtern. Deshalb dürfen Flüsse wie die Isel nicht weiter verbaut und die Kraftwerke an der Oberen Isel und ihren Seitengewässern nicht realisiert werden.
Das „Netz des Lebens“ darf nicht reißen
Sämtliche EU-Richtlinien werden in den Landesgesetzen der Österreichischen Bundesländer vollzogen. Deshalb bildet die europäische Gesetzgebung auch die Basis für den Zustand der heimischen Natur. Dazu Pichler vom WWF: „Die Juncker-Kommission will Europas strenge Umweltgesetze ‚entbürokratisieren‘. Im Klartext bedeutet das für einige Regierungen, Politiker und einflussreiche Wirtschaftslobbys eine willkommene Gelegenheit, den Naturschutz zu schwächen und ihre eigenen Interessen durchzusetzen.“ Auch streng geschützte Tierarten wie das Alpenschneehuhn und der Steinadler könnten wieder Lebensraum verlieren. Sie profitieren von den strengen EU-Naturschutzrichtlinien. „Wir sehen am Beispiel der Schweiz, dass ohne EU-Schutz wieder alte Reflexe hochkommen können. Dort wird sogar der Abschuss des Wolfes diskutiert, der drauf und dran ist, erfolgreich in den Alpenraum zurückzukehren“, warnt Pichler.
Welche europäischen Schutzgüter von „gemeinschaftlichem Interesse“ sind, wird auf Basis der EU-Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie entschieden. Die entsprechenden Tier- und Pflanzenarten und ihre Lebensräume, sind darin als Anhänge gelistet.
Die Rettung der Österreichischen Naturschätze unterstützen auf: www.wwf.at/natura2000
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
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