Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
Dürre: Trocknen wir die Donau aus?

Wien/Sofia, am 29. November 2011 – Nach Monaten ohne Regen macht das Rekordniedrigwasser an der Donau europaweit Schlagzeilen. An der Fließstrecke östlich von Wien liegt der Pegel der Nationalparkgemeinde Wildungsmauer derzeit bei 1,20 Metern. In Bulgarien am Unterlauf der Donau, sank der Pegel zuletzt auf den niedrigsten Stand seit 1941. „Extremwetter werden in Zukunft klimawandelbedingt noch viel häufiger auftreten“, ist Andreas Beckmann, Direktor des WWF Donau-Karpaten-Programms, überzeugt. Um deren Auswirkungen abzumildern, müssen wir unsere Ökosysteme wie natürliche Flüsse und Feuchtgebiete bestmöglich schützen und ihre Widerstandskraft mobilisieren, so der WWF.
Im Zusammenhang mit dem historisch niedrigen Donauwasser warnt der WWF vor überzogenen Erwartungen der Schifffahrt und der Wasserkraft an immer gleiche Bedingungen im Fluss. "Niedrig- und Hochwasser gehören grundsätzlich zum Wesen eines Flusses und müssen immer mit eingeplant werden", so Beckmann. Wenn Trockenheit die Pegelstände sinken lässt, müssen Schiffe eben mit weniger Ladung fahren, um den Tiefgang zu verringern. Niedrigwasser sei kein Grund, die Donau auszubaggern.
Dass die Donau mit den Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie längeren Trockenperioden, nicht mehr klarkommt, liegt vielmehr an den unzähligen Regulierungen und Dämmen entlang ihres Verlaufes. Kiesbaggerungen und Begradigungen führen zu Sohlerosion und einer Absenkung des Grundwasserspiegels. Bedingt durch menschliche Eingriffe, gingen im letzten Jahrhundert bereits 80 Prozent der Feuchtgebiete der Donau verloren.
In Bulgarien hat das Niedrigwasser eine Vielzahl von Sandbänken frei gelegt, sodass die Inseln nun zu Fuß erreichbar sind. Während der Sommermonate verzeichnete eine WWF-Expedition an der Unteren Donau einen dramatischen Rückgang etlicher Vogelpopulationen.
Im Rahmen des Trans-Europäischen Netzwerks für Transport der EU sind eine Reihe weiterer Infrastrukturmaßnahmen zur Verbesserung der Schifffahrt geplant, die viele der wertvollsten Bereiche der 1.000 Kilometer langen Unteren Donau bedrohen. Darüber hinaus werden zahlreiche neue Wasserkraftwerke mit einer Kapazität von Tausenden von Megawatt, die Wasserqualität – und Quantität der Donau verschlechtern, was sich negativ auf ihre Ökosystemleistungen wie den natürlichen Hochwasserschutz, auswirkt.
Statt weiterhin auf Eingriffe in das Ökosystem Donau wie Regulierungen zu setzen, solle vielmehr darin investiert werden, die Auswirkungen solcher Eingriffe zu verringern und gesunde Flussökosysteme zu sichern, fordert der WWF.
Der WWF hat in Modellprojekten an der Unteren Donau die Renaturierung einiger Feuchtgebiete initiiert und in Kooperation mit den jeweiligen Regierungen durchgeführt. Am Beispiel etwa der Belene-Inseln in Bulgarien oder der Babina-Inseln in Rumänien zeigt sich, dass die ökologischen Dienstleistungen des Flusses steigen, wenn seine natürliche Dynamik wieder hergestellt wird. Feuchtgebiete und Auen saugen Wasser auf, und geben es zeitverzögert wieder ab. Damit puffern sie Hochwasserwellen ab und wirken zugleich ausgleichend auf die Wasserspiegel, wovon letztlich auch die Schifffahrt profitiert.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserstände an der Donau sind nicht vorhersehbar und somit auch nicht berechenbar. Der WWF setzt deshalb auf ökosystembasierte Lösungen, die unter verschiedenen Klimaszenarien funktionieren und die natürliche Fähigkeit der Flüsse erhöhen, mit einer sich verändernden Umwelt umzugehen.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, Pressesprecherin WWF Österreich, Tel.: 01-48817-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Andreas Beckmann, Director, WWF Danube-Carpathian Programme,
E-Mail: abeckmann@wwfdcp.org
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Neue WWF-Studie: Ankerschäden bedrohen artenreiche Seegraswiesen im Mittelmeer
Urlaubssaison am Mittelmeer: Seegraswiesen durch ankernde Boote stark gefährdet – Wichtiger Lebensraum beheimatet über 400 Tier- und 1.000 Pflanzenarten – WWF fordert Ausweitung von Schutzzonen
Vielfalt braucht Weide: “Arten-Boom” im WWF-Auenreservat Marchegg
Zehn Jahre Beweidung mit Konik-Pferden sorgt für mehr Artenvielfalt – Naturschutzorganisation empfiehlt Ausweitung naturnaher Beweidungsprojekte in Österreich
WWF-Erfolg: Pinger-Projekt schützt Flussdelfine in Brasilien
Immer weniger Konflikte zwischen Fischer:innen und Delfinen: Am Tapajós-Fluss zeigt der Einsatz von Pingern erste vielversprechende Erfolge zum Schutz der bedrohten Tiere.
EU-Budget: WWF warnt vor “Rückschritt auf Kosten der Natur”
Kommission will erfolgreiches LIFE-Programm streichen – Ohne Reformen würde Naturschutz zur finanziellen Nebensache degradiert – WWF fordert Bundesregierung zum Einschreiten auf
Kaunertal: WWF kritisiert Ausbauprojekt als “gefährlich und naturzerstörerisch”
Platzertal-Speicher zur UVP aufgelegt – Sicherheitsrisiken durch Naturgefahren weiterhin ungeklärt – WWF fordert Stopp des Projekts und verweist auf naturverträgliche Alternativen
WWF-Grillfleisch-Check: Billigfleisch-Aktionen befeuern die Naturzerstörung
Mehr als die Hälfte der Grillfleisch-Produkte enthält Übersee-Futtermittel ohne Umweltstandards – Tropische Wälder und Savannen werden dafür abgeholzt – WWF: Umweltzerstörung am Grill stoppen
“Viel verbautes Österreich”: WWF schreibt Bundeshymne neu
Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.