WWF erkämpft Akteneinsicht in Landes-Gutachten und belegt unvollständige Tiwag-Unterlagen – Sachverständige sehen offene Gefahren – WWF fordert Stopp des UVP-Verfahrens
WWF prangert Vernichtungsaktion gegen geschützte Vögel an
Presseaussendung WWF und Landesjagdverband NÖ
Wien, 12. Oktober 2015 – Vor wenigen Tagen machte ein Vogelkundler bei Stronsdorf im niederösterreichischen Bezirk Mistelbach einen grausigen Fund: 37 tote Rohrweihen lagen verstreut in einem abgeernteten Sonnenblumenfeld. Der Mann kontaktierte sofort die Polizei von Laa an der Thaya, den WWF sowie den Landesjagdverband. Die in unterschiedlichen Verwesungsstadien aufgefundenen Vögel wurden eingesammelt und von Fachleuten untersucht. Dabei wurde auch Schrotmunition sichergestellt. „Der oder die Täter haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Vögel zu vergraben. Offenbar hat man keine Angst, erwischt zu werden“, ist Helmut Pechlaner, Ehrenpräsident des WWF Österreich empört. „Anscheinend fehlt in Teilen der Jägerschaft jegliches Unrechtsbewusstsein wenn es um gesetzlich geschützte Greifvögel oder um andere, zum „Raubzeug“ degradierte Lebewesen geht.
Aufgrund der Brisanz des Falles – nie zuvor wurden so viele illegal erlegte Greifvögel auf so kleinem Raum gefunden – schaltet sich nun auch der NÖ Landesjägermeister Josef Pröll ein. „Die Niederösterreichische Jägerschaft distanziert sich auf das Schärfste von diesem Gesetzesbruch. Ich zähle bei der Aufklärung auf die aktive Mithilfe aller verantwortungsbewussten Waidmänner in Niederösterreich. Was hier geschehen ist, ist ein Schlag ins Gesicht aller Jäger“. Gemeinsam haben der Landesjagdverband und der WWF eine Prämie von € 2.000 für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der Täter führen, die die geschützten Rohrweihen getötet haben. Sachdienliche Hinweise werden vom Journaldienst des Landeskriminalamtes NÖ entgegengenommen.
Was im vorliegenden Fall besonders ins Auge springt, ist die offenkundig vorsätzliche und systematische Vorgangsweise der Täter. Christian Pichler, Greifvogelexperte des WWF, erklärt: „Rohrweihen ziehen im August und September aus Nord- und Osteuropa über Österreich nach Süden, wobei auf einer Fläche von der Größe des Stronsdorfer Sonnenblumenfelds höchstens zwei bis drei Vögel gleichzeitig anwesend sind. Die große Kadaverzahl lässt daher vermuten, dass hier systematisch über mehrere Tage bis Wochen durchziehende Rohrweihen abgepasst und geschossen wurden.“
Im Zuge der Untersuchung der toten Vögel am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Uni Wien wurde bestätigt, dass die Rohrweihen – eine gefährdete Art der Roten Liste, durch Schrotmunition zu Tode kamen. In Österreich kommt die Rohrweihe, ein schlanker Vogel aus der Familie der Habichtartigen sowohl als Brutvogel, als auch als Durchzügler vor.
Obwohl sich Rohrweihen vor allem von Mäusen und Kleinvögeln ernähren, hält sich offenbar in Teilen der Jägerschaft noch immer hartnäckig die Vorstellung, dass diese Vögel maßgeblich zum Rückgang von Hasen und Fasanen beitragen. „Mit diesem Irrglauben muss ein für alle Mal aufgeräumt werden“, fordert Pechlaner. „Der Niederwildrückgang ist eine Folge der viel zu intensiven Landwirtschaft, die mit ihrem Pestizideinsatz und mit großflächigen Monokulturen dem Wild die Lebensräume raubt. Weil viele sich schwer tun dies einzugestehen, stürzt man sich auf den Sündenbock Greifvogel.“
Dass es sich dabei vor allem in Niederösterreich um keinen Einzelfall handelt, zeigt allein die Zahl angeschossener Tiere im heurigen Jahr: So wurde im März ein Rauhfußbussard bei Röschitz im Bezirk Horn verletzt geborgen. Im April wurden zwei tote Mäusebussarde mit Schrotkugeln im Körper bei Bruderndorf im Bezirk Korneuburg entdeckt. Im Mai, September und Oktober wurden insgesamt vier angeschossene Rohrweihen in Zellerndorf, Oberstinkenbrunn, Straning und Wartberg gefunden. Außerdem wurde im Mai noch ein toter Rotmilan in Bullendorf im Bezirk Mistelbach gemeldet. „Der gegenwärtige spektakuläre Vorfall zeigt, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte – die Dunkelziffer vor allem im Weinviertel, dürfte weit höher sein“, so Pichler vom WWF abschließend.
Der WWF und der Landesjagdverband NÖ erbitten Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen können, an den Journaldienst des Landeskriminalamtes NÖ.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Dr. Peter Lebersorger, Zentralstelle Österreichischer Landesjagdverbände, Tel.: 01/ 405 16 36-17
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