Nur noch maximal 35 Luchse in Österreich – WWF fordert bessere Vernetzung der Lebensräume und entschlossenes Vorgehen gegen Wildtierkriminalität
Nachwuchs im Hause Luchs: Vier Jungtiere bereichern den fragilen Alpenbestand
Wien/Molln/Tarvis, 10. August 2014 – Nach der erschütternden Nachricht um das in Kärnten auf mysteriöse Weise verschwundene Luchsmännchen „Alus“ erreichten kürzlich auch erfreuliche Botschaften das Artenschutzteam des WWF: Sowohl in den oberösterreichischen Kalkalpen als auch in den Karnischen Alpen nahe Österreichs südlicher Grenze zu Italien gab es Luchs-Nachwuchs. Die Mütter der jeweils zwei Welpen sind Kora und Jura. Diese Luchsinnen wurden 2011 beziehungsweise 2014 aus der Schweiz in die Kalkalpen und ins Kanaltal umgesiedelt, um die kleinen regionalen Luchsvorkommen zu stärken. Denn obwohl der Alpenraum den Luchsen bestens geeignete Lebensbedingungen mit reichem Nahrungsangebot bietet, ist ihre Zukunft noch lange nicht gesichert. Umso mehr freut sich Christian Pichler vom WWF Österreich über den Zuwachs an vier Jungtieren: „Wenn Europas größte Raubkatze langfristig in Mitteleuropa überleben soll, muss es uns innerhalb der nächsten Jahre gelingen, die verstreut lebenden Luchse zu vernetzen und dadurch ihren Genpool aufzufrischen. Österreich spielt dabei als Drehscheibe für die verschiedenen Luchspopulationen eine Schlüsselrolle“, so der Biologe.
Nach über 100-jähriger Abwesenheit erobern sich die Pinselohren nach und nach ihren ursprünglichen Lebensraum zurück. Allerdings geht die Ausbreitung nur schleppend voran. Es verhindert unter anderem die fehlende Akzeptanz durch den Menschen den Aufbau einer großen, stabilen Population der geschützten Tiere. „Wir wissen, dass Luchse heimlich sind – also sehr zurückgezogen leben – und sich im Alpenraum überwiegend von Rehen und Gämsen ernähren“, erklärt Pichler.
Ein Großteil der heutigen mitteleuropäischen Luchsvorkommen geht auf Wiederansiedelungsprojekte zurück, die seit vier Jahrzehnten in Tschechien, Slowenien, Kroatien, Frankreich, der Schweiz und in Österreich durchgeführt werden. Eine bedeutende Rolle für die Artenvielfalt spielen dabei Nationalparks. Für den Luchs, der Reviere von mehr als 100 Quadratkilometer benötigt, sind diese Schutzgebiete jedoch zu klein, um sein Überleben zu sichern.
Artenvielfalt muss auch außerhalb von Schutzgebieten aktiv gefördert werden
Der WWF fordert deshalb mehr Engagement der Bundesländer Niederösterreich und der Steiermark ein. Sie würden ein wichtiges Verbindungsglied zu den Luchsvorkommen in Oberösterreich darstellen – dem einzigen Österreichischen Bundesland, das derzeit die Rückkehr des Luchses vorantreibt. „Wichtig ist jetzt, mutige Entscheidungen zu treffen, Verantwortung für das Überleben des Luchses in Österreich zu übernehmen und weitere strategische Auswilderungen durchzuführen, damit die beiden Bestandsstützungsprojekte in und nahe Österreich nicht auf halber Strecke steckenbleiben“, unterstreicht Pichler.
Derzeit kämpfen vor allem engagierte Einzelinitiativen für das Überleben der Luchse. So leisten die Projekte „LUKA“ im Nationalpark Kalkalpen und das „Progetto Lince Italia“ unter der Leitung des Wildbiologen Paolo Molinari im Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien maßgebliche Beiträge. Der WWF unterstützt diese beiden Projekte. Christian Pichler unterstreicht: „Um die kleinen und räumlich weit auseinanderliegenden Luchsvorkommen der Kalkalpen und des Mühl- und Waldviertels mit den Tieren im Kärntner Grenzgebiet zu vernetzen, ist eine österreichweite Anstrengung gefragt. Schließlich handelt es sich beim Eurasischen Luchs um eine gemäß EU-Recht aktiv zu schützende Tierart.“
Vor diesem Hintergrund trifft das mysteriöse Verschwinden eines Luchsmännchens im Kärntner Lesachtal alle Projektpartner besonders hart. In einem so kleinen Vorkommen erfüllt jedes Tier eine besonders wichtige Rolle und ist für den Erfolg der Bestandsstützung entscheidend. Beschämend ist, dass das Tier nach nur kurzem Aufenthalt auf Österreichischer Seite verschwunden ist. Die Umstände müssen unbedingt geklärt werden.
Die Österreichische Lotterien unterstützen seit vielen Jahren die WWF-Natur- und Artenschutzprojekte, insbesondere zum Schutz des Luchses und der Weißstörche. Mag. Bettina Glatz-Kremsner, Vorstandsdirektorin der Österreichischen Lotterien zum Projektteilerfolg: „Gute Nachrichten wie jene vom Nachwuchs im Hause Luchs freuen uns natürlich ganz besonders. Als langjähriger Kooperationspartner ist es schön zu sehen, wie wir mit unserer Unterstützung dazu beitragen können, Tiere wie den Luchs wieder in Österreich heimisch zu machen.“
Rückfragehinweis:
Theresa Gral, MA; WWF Pressesprecherin, Tel. +43-1-48817-216, Mobil: +43-676-83488 216, E-Mail: theresa.gral@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Artenschutzkonferenz im Zeichen der Haie und Rochen: WWF fordert Handelsverbot für gefährdete Arten
Artenschutzkonferenz CITES startet am 24.11. in Usbekistan – WWF fordert besseren Schutz für Haie, Rochen, Aale, Galapagos-Echsen und warnt vor Aufweichung der Handelsbeschränkungen mit Elfenbein und Nashorn-Horn
Good News: Neues Schutzgebiet in Bolivien
In Bolivien wurde ein wichtiges Ökosystem offiziell unter Schutz gestellt: Monte Carmelo. Das neue Schutzgebiet schließt eine wichtige Lücke im südamerikanischen Naturschutz – und sichert den Lebensraum des Jaguars.
Bodenversiegelung statt Klimaschutz: WWF kritisiert Hanke-Kurs in der Verkehrspolitik
Verkehrsminister ignoriert massive Umweltfolgen der geplanten Schnellstraßen-Projekte – Insbesondere Lobau-Autobahn ist gefährlicher Irrweg
COP30: WWF fordert Klima- und Naturschutz-Offensive
Zehn Jahre nach Paris muss Politik endlich liefern – Weltweiter Kraftakt notwendig, um 1,5-Grad-Ziel doch noch zu schaffen
WWF-Erfolg: Scheue Pallaskatze im indischen Himalaja entdeckt
Im indischen Hochgebirge ist WWF-Forscher:innen eine spektakuläre Entdeckung gelungen: Erstmals konnten sie dort die scheue Pallaskatze fotografieren. Außerdem verzeichneten sie neue Rekorde zu Wildkatzen in dem Gebiet.
WWF: Neues EU-Klimaziel 2040 wird durch Tricks und Klauseln ausgehöhlt
Umweltorganisation kritisiert „faulen Kompromiss“ der Politik – Wirksamer Klima- und Naturschutz in Europa anstelle teurer Schlupflöcher und Scheinlösungen
Neuer Report: WWF alarmiert über illegalen Handel mit asiatischen Großkatzen
Zunehmender Handel mit geschützten Arten im Internet – WWF warnt vor kriminellen Verflechtungen bis nach Europa und fordert bessere internationale Zusammenarbeit
WWF entdeckt extrem scheue Pallaskatze auf fast 5.000 Metern Höhe
Spektakuläre Entdeckung: WWF fotografiert erstmals eine Pallaskatze im indischen Hochgebirge – Neue Rekorde zu weiteren Wildkatzen in der Region – Besserer Schutz der Artenvielfalt des Himalajas gefordert












