Jährliche Verschwendung würde umgerechnet Bedarf von 1,7 Millionen Menschen decken – Umwelt- und Sozialorganisation präsentieren Vorschläge für Regierungsverhandlungen
Verkehrsunfall an der D2 beweist: Bären brauchen es barrierefrei
Wien, 28. September 2012 – Vor wenigen Tagen wurde in der Slowakei fünf Kilometer von der niederösterreichischen Grenze entfernt ein Braunbär überfahren. Er hatte versucht, die slowakische Autobahn D2 gegenüber der Gemeinde Hohenau/March zu überqueren. „Der Bär war auf einer jahrtausendealten Wanderroute von den Karpaten in die Alpen unterwegs“, weiß Christian Pichler vom WWF. Der Zusammenstoß mit dem LKW ereignete sich nur 900 Meter vom Standort einer geplanten Grünbrücke über die D2 entfernt. In Österreich enden rund 80.000 Wildtiere jährlich als Verkehrsopfer.
Straßen, Siedlungen, und Gewebegebiete zerschneiden zunehmend den traditionell „grünen“, 150 Kilometer langen Korridor zwischen den Alpen und den Karpaten. Zusätzlich tragen intensiv genutzte Agrarlandschaften und umzäunte Wälder dazu bei, dass der Lebensraum für Wildtiere dramatisch schrumpft und zerstückelt wird. Für Braunbären, Hirsche, Wildkatzen und viele andere wandernde Tierarten, wird ein ökologisch funktionsfähiger Alpen-Karpaten-Korridor daher zur Überlebensfrage. Der WWF arbeitet im Rahmen eines EU-Projekts mit zahlreichen Partnern daran, die Landschaft zwischen den beiden Gebirgsketten offenzuhalten beziehungsweise durch Landschaftsbänder wieder zu vernetzen.
Das ist auch für den europaweit geschützten Braunbären wichtig. Einst besiedelte er den gesamten Alpenraum. Lebensraumzerstörung und Bejagung bedingten einen starken Rückgang der Populationen, sodass heute nur noch etwa 45-50 Bären in den Alpen übrig sind. Sie kommen großteils in Nordslowenien und Italien vor. „Nur wenn diese Bären mit den benachbarten Populationen der Karpaten im Austausch stehen, können sie neue Lebensräume besiedeln, sich untereinander vermehren und somit dauerhaft überleben“, erklärt Pichler. In den Karpatenländern Rumänien, Polen, Ukraine und der Slowakei leben noch insgesamt etwa 8.000 Individuen.
Wildtierkorridore sind jedoch auch für die Sicherheit der Menschen wichtig. Verkehrsunfälle mit großen Wildtieren – wie zuletzt an der D2 – stellen eine große Gefahr für Autofahrer dar. Grünbrücken ermöglichen Menschen und Tieren ein gefahrloses Passieren.
Insgesamt soll im Rahmen des Alpen-Karpaten-Korridorprojekts durch entsprechende Maßnahmen in der Raumplanung, ein 150 km langes Landschaftsband zwischen den Kleinen Karpaten und dem Rosaliengebirge von Verbauungen freigehalten werden. Weil vier Autobahnen diese Verbindung durchkreuzen, sind insgesamt vier Wildtierpassagen vorgesehen. Die Grünbrücke über die S4 im Burgenland bei Pöttsching wurde bereits 2006 eröffnet; eine weitere über die A4 bei Göttlesbrunn in Niederösterreich, soll 2015 fertiggestellt werden.
Ein grenzüberschreitendes EU-Projekt unter der Beteiligung des WWF, der Alpen- und Karpaten-Konvention, der Universität für Bodenkultur, der Bundesländer Niederösterreich und Burgenland sowie des Lebensministeriums und der ASFINAG zielt darauf ab, den Alpen-Karpaten-Korridor in den nächsten Jahrzehnten wieder für Wildtiere durchgängig zu machen.
Mehr Informationen zum Alpen-Karpaten-Korridor.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Christian Pichler, WWF-Bärenexperte, Tel. 01/488 17-279, E-Mail: christian.pichler@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Good News: Mehr Tiger in Bangladesch
84 bengalische Tiger konnten in einem geschützten Mangrovengebiet in Bangladesch nachgewiesen werden. Laut Schätzungen halten sich nun in dem Gebiet um 10% mehr Tiger auf, als noch im Jahr 2018!
Weltklimakonferenz: WWF fordert konkrete Deadlines für Kohle, Öl und Gas
Geplanter Ausstieg aus fossilen Energieträgern muss mit klaren Fristen geregelt sein – Mehr Geld für ärmere Länder und stärkere Rolle für Naturschutz gefordert
Was wir von der Klimakonferenz COP 29 erwarten
© adobestock/Jon Le BonZwei sehr wichtige Wochen für das Klima: Von 11. – 22. November 2024 findet die 29. Internationale Klimakonferenz in Baku/ Aserbaidschan statt. Dieser...
Weltnaturkonferenz: WWF kritisiert fehlende Fortschritte
Wichtige Beschlüsse zur Finanzierung ausständig, der Politik fehlen Ambition und Konsequenz – Vorläufiges Scheitern der Konferenz als “herbe Enttäuschung”
Neue Studie: Über 1.000 Flusskilometer mit hohem Renaturierungs-Potenzial in Österreich
Große heimische Flüsse auf Verbauungsgrad analysiert – WWF fordert Schwerpunkt auf Flüssen im österreichischen Renaturierungsplan und Schutz frei fließender Strecken
WWF fordert starkes Klimaschutz-Kapitel im neuen Regierungsprogramm
Neue ökosoziale Steuerreform, Reduktion des Energieverbrauchs und Klimaschutzgesetz als Kernpunkte – “Mehr Klimaschutz unverzichtbar für zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort”, sagt Ökonomin Sigrid Stagl
WWF fordert Absage von Anton Mattle zu Kaunertal-Ausbauplänen
Tiwag beharrt auf Wasserableitungen aus dem Ötztal – WWF fordert Landeshauptmann zu Klarstellung auf – Auch Speichervariante im Platzertal muss gestoppt werden
Weltnaturkonferenz: WWF ortet großen Nachholbedarf bei österreichischer Biodiversitätsstrategie
Start der COP16 in Kolumbien – Österreich läuft Gefahr, Ziele des Weltnaturabkommens zu verfehlen – WWF fordert nationalen Aktionsplan zum Schutz der biologischen Vielfalt